Asylwerber wartet seit 18 Jahren auf Entscheidung

Heute ist Weltflüchtlingstag. In Österreich sind rund 22.000 Asylverfahren von Menschen anhängig, die hier Sicherheit suchen. Und mindestens 20, vermutlich aber mehr als 100 Asylwerber bangen schon länger als zehn Jahre, ob sie in Österreich bleiben dürfen. Das wohl längste Asylverfahren ist das eines 38-Jährigen aus Bangladesch, der schon unglaubliche 18 Jahre wartet.

Morgenjournal, 20.6.2014

Zeitungen verkaufen im Seniorenheim

Der Speisesaal im Pensionisten-Wohnhaus Brigittenau ist das zweite zu Hause von Dulal D´Costa aus Bangladesch. Seit zwölf Jahren steht er hier täglich an einem Tischchen, auf dem vor allem Frauen-Zeitschriften liegen. Als Asylwerber darf er nur selbständig arbeiten - als Zeitungsverkäufer, aber er mag seine betagten Kundinnen und sie mögen ihn und vertrauen ihm. Der meist gut gelaunte 38-Jährige kennt hier alle, samt Namen und Wehwehchen, und weiß exakt, wer welche Zeitung liest. Die richtige legt er noch vor dem Frühstück auf den richtigen Sessel. Und allen, die gerade krank sind, bringt er die Zeitung vor die Zimmertüre. Die Pensionistinnen kennen sein Schicksal und reagieren mit Dankbarkeit und Mitgefühl: "Der muss 18 Jahre zittern und kann sich nichts aufbauen, weil er vielleicht morgen wieder heim muss. Das muss einer einmal miterleben."

Freunde getötet

Und D´Costa selbst sagt über die Belastung durch das 18 Jahre dauernde Asylverfahren: "Ich finde keine Zukunft. Ich habe eine Freundin, ich kann aber nicht heiraten und ein Kind haben, weil ein Negativbescheid bedeutet, dass ich das Land verlassen muss." Er will nicht, dass es seinem Kind so geht wie Arigona Zogaj, sagt der 38-Jährige. Er selbst ist als 20-Jähriger und Mitglied des Studentenflügels einer Partei in Bangladesch massiv bedroht worden, erzählt er. Es folgte der Abschied von der Familie aus Angst um sein Leben. Und später seien Freund von ihm tatsächlich getötet worden. Es sei also richtig gewesen zu fliehen.

"Der Mensch verdient es"

Doch erst neun Jahre nach dem Asylantrag kommt die erste Entscheidung - negativ. Die Berufung dagegen wird abgelehnt und im Bescheid wird D´Costas Fall vermischt mit Textbausteinen aus einem anderen Fall. Deshalb hebt der Verwaltungsgerichtshof diese Ablehnung auf. Die abschließende Verhandlung sollte vorigen Herbst stattfinden, aber irrtümlich war kein Dolmetsch geladen, sagt D´Costas Anwalt Andreas Lepschi: "Das ist kein Asylverfahren, sondern ein Asylverweigerungsverfahren." 18 Jahre ohne Reisedokumente bedeuten 18 Jahre nur in Österreich, keine Auslandsreisen, nur kleine Ausflüge. D´Costa sagt: "Ich habe alle Bundesländer besucht. Ich mag wandern, habe ein bisschen Skifahren gelernt. Österreich ist ein wunderschönes Land, ich liebe es." Und hier will er bleiben - wenigstens mit einem humanitären Bleiberecht. Und zahlreiche Pensionistinnen wollen vor Gericht für ihn aussagen: "Und wenn sie mich mit der Rettung hinführen - der Mensch verdient es."

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