Irak: ISIS-Kämpfer halten Ex-Chemiewaffenfabrik

Im Irak hat die radikal-islamistische Sunniten-Gruppe ISIS offenbar einen weiteren militärischen Fortschritt erzielt. Nach Angaben aus Washington wurde eine ehemalige Chemiewaffenfabrik des früheren Diktators Saddam Hussein besetzt. Allerdings gehen die USA nicht davon aus, dass die ISIS-Kämpfer dort Chemiewaffen herstellen können.

Mittagsjournal, 20.6.2014

Keine Produktion möglich

Der Komplex, den die ISIS-Kämpfer besetzt haben, heißt Al-Muthanna. Er liegt etwa 70 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bagdad - in der Nähe der Stadt Samarra. Auf dem fünf mal fünf Kilometer großen Gelände hat der Irak in den 1960er Jahren begonnen, biologische und chemische Waffen herzustellen. Nach der Machtübernahme durch Saddam Hussein wurden große Mengen an chemischen Kampfstoffen hergestellt. Zwei Kriege und zahlreiche UNO-Resolutionen später ist die Fabrik aber heute nur noch eine Ruinen und Trümmerfeld. An die Produktion chemischer Waffen - wie Sarin, Senfgas oder VX - ist dort nicht mehr zu denken, schreibt der amerikanische Geheimdienst CIA. Allerdings könnte noch alte Munition herumliegen, alte Bunker könnten kontaminiert sein. Ob man - oder genauer, die ISIS-Kämpfer - die alte chemische Munition überhaupt aus dem Komplex wegbringen können, ohne selbst dabei zu Schaden zu kommen, ist sehr fraglich.

US-Militärschläge?

Erstaunlich ist allerdings der Vormarsch der ISIS-Truppen, die der irakischen Armee zahlenmäßig weit unterlegen sein sollen. Die Ölraffinerie Baidschi im Norden, die erst diese Woche attackiert wurde, soll sich aber wieder unter der Kontrolle der irakischen Sicherheitskräfte befinden. Dagegen scheinen sich die ISIS-Truppen Bagdad zu nähern. Aus diesem Grund hat auch der amerikanische Präsident Obama Hilfe zugesagt. Die US-Botschaft in Bagdad soll durch mehr Soldaten geschützt werden, außerdem werden bis zu 300 Militärberater in den Irak abkommandiert, um in gemeinsamen Operationszentren Geheimdienstinformationen zu teilen und Strategien gegen die ISIS-Truppen auszuarbeiten. Und auch gezielte Militärschlage - ohne den Einsatz von Bodentruppen - sind für Obama möglich: "Wir sind bereit für gezielte Militärschlage - wenn es die Situation erfordert."