WIFO/IHS: Wirtschaft wächst, aber zu langsam

Österreichs Wirtschaft kommt langsam in Fahrt, das prognostizieren heute die Wirtschaftsforscher von WIFO und IHS. Allerdings ist der Aufschwung zu schwach um die weiterhin steigende Arbeitslosigkeit zu bremsen. Und die Wirtschaftsforscher drängen auf Reformen, etwa bei den Pensionen.

Mittagsjournal, 26.6.2014

Reformvolumen von mind. 7 Milliarden Euro

Um 1,5 Prozent wird Österreichs Wirtschaft heuer wachsen. Im nächsten Jahr geht das Institut für höhere Studien (IHS) von einem Wachstum von 1,9 Prozent aus, das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) ist etwas vorsichtiger und prognostiziert 1,7 Prozent Wirtschaftswachstum, auch weil der Konjunkturaufschwung in Österreich aktuell nicht nur recht verhalten ausfällt, sondern von einigen Unsicherheiten begleitet wird. Ein wesentlicher Punkt ist für WIFO-Chef Karl Aiginger, ob eine Steuerreform gelingt und ob sie so groß ist, "dass jeder die Entlastung spürt und mehr konsumieren kann und dass kleine Belastungen, etwa für Raucher oder Grundstücksbesitzer, durch die Entlastung des Faktors Arbeit drinnen sind."

Das Volumen der Steuerreform müsste daher auch mindestens sieben Milliarden Euro ausmachen. IHS-Chef Christian Keuschnigg rechnet alleine für die Abgeltung der kalten Progression, also das automatische nachrücken in höhere Steuerklassen, mit fünf Milliarden, das genügt aber nicht. "Wir sind heuer bei einer Steuerquote bei etwa 45 Prozent angekommen. Wenn wir das auf 40 Prozent absenken würde, wären wir immer noch über dem OECD-Durchschnitt, hätten aber über einen längeren Zeitraum ein Einsparungsvolumen von 12 Milliarden", so Keuschnigg.

Pensionsantrittsalter rascher anheben

Doch dieser Spielraum muss erarbeitet werden. Gespart müsse in fast allen Bereichen werden, die Verwaltungsreform ist dringender denn je. WIFO-Chef Aiginger fordert ein Ende der Klientelpolitik. Dazu gehörten etwa auch die ÖBB, wo man sich die Notwendigkeit von Investitionen genau anschauen sollte, sagt Aiginger, aber: "Es geht nicht um einzelne Firmen, es geht darum, dass man alle Bereiche auf Möglichkeiten durchforstet".

Das IHS rät der Politik, das Pensionsantrittsalter rascher nach oben zu setzen. Man müsse alle Einsparungserfordernisse wie eine Verwaltungsreform oder Kürzungen bei Doppelförderungen. "Man muss breitweg über das Budget hinweggehen, und das gilt auch für die Sozialausgaben", sagt Keuschnigg. "Man muss das Sozialsystem erhalten und treffsicher gestalten, das heißt aber auch, einmal zu unterstützen und nicht in mehrfacher Weise." Nur so könne Österreichs Defizit langfristig im geforderten EU-Rahmen von unter drei Prozent bleiben.

Aufschwung kann Arbeitslosigkeit nicht bremsen

Weiters ganz oben auf der Agenda der Wirtschaftsforscher: die steigende Arbeitslosigkeit. Über acht Prozent werden es heuer und im nächsten Jahr sein, nach der weniger strengen EU-Berechnung immerhin noch fünf Prozent. Das Problem: Der Aufschwung ist zu schwach, um die Arbeitslosigkeit zu bremsen, dazu kommt ein großes Arbeitskräfteangebot, insbesondere von Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft, so das IHS. Eine mögliche Maßnahme sei bessere Ausbildung, so die Wirtschaftsforscher.

Entspannt sehen WIFO und IHS die Entwicklung der Verbraucherpreise: Knapp unter zwei Prozent werden es bis Ende 2015 sein, Tendenz eher rückläufig. Für Sparer heißt das wohl, weiter Warten auf höhere Zinsen.