Angela Merkel ist 60

In Berlin feiert die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel heute ihren 60. Geburtstag. Es wird keine allzu große Feier geben, nur einen Festakt mit wissenschaftlichem Anstrich in der Zentrale ihrer Partei, der CDU. Das US-Magazin Forbes hat sie gerade zum vierten Mal zur mächtigsten Frau der Welt gekürt, aber Angela Merkel versucht, jeden öffentlichen Anflug von Hochmut zu vermeiden. Gerade das lässt, rechtzeitig zum runden Geburtstag, ihre Beliebtheitswerte weiter in die Höhe steigen.

Mittagsjournal, 17.7.2014

Aus Berlin,

WM-Finale, Balkan-Visite, EU-Gipfel

„Eins, zwei, drei: Happy Birthday to you.“ Sehr spät in der Nacht auf heute, gegen ein Uhr 30 ungefähr, hat ein Korrespondentenkollege in Brüssel versucht, die Gipfel-Pressekonferenz der Bundeskanzlerin auf diese Weise zu beleben, und wie so oft, scheint die munterste im Raum zu dieser Unzeit Angela Merkel selbst zu sein.

Sie war am Sonntag im Rio zum Fußball-WM-Finale, sie hat tags darauf schon wieder reihenweise Termine in Berlin absolviert, ein Regierungstreffen auf dem Balkan eingeschoben, um dann gleich wieder nach Brüssel zum Gipfel zu eilen, eine e ganz normale Woche für Angela Merkel, die einmal gemeint hat, Erholung könnte sie während der Arbeit finden und von der auch gesagt wird, sie könne Schlaf vorauseilend speichern wie ein Kamel das Wasser.

Hat sie besondere Wünsche zum Geburtstag. Das wird Angela Merkel in diesen Tagen oft gefragt: als Regierungswünsche könne sie sich täglich ihre Wünsche erfüllen, meint sie.

Kohl und Schäuble gestürzt

Auf ihren Wunsch hin wird der Geburtstag heute Abend in der CDU-Parteizentrale mit einem wissenschaftlichen Vortrag gefeiert. Der Historiker Jürgen Osterhammel wird über die Zeithorizonte der Geschichte sprechen. Eine ziemlich nüchterne Art, das Fest zu begehen, ganz ähnlich er Art, in der sie zu regieren pflegt. Der Berliner Politologe Herfried Münkler sieht genau darin einen großen Vorzug: sie sei in der Art ihres Kommunizierens ein Glücksfall für Deutschland.

Eine Frau, ohne Kinder, aus dem Osten Deutschlands stammend, so ziemlich alles hat gegen eine Traumkarriere gesprochen, als sie in den noch total männerdominierten bundesdeutschen Politikbetrieb einstieg, kurz nach der deutschen Vereinigung am damaligen Regierungssitz Bonn. Dort wurde sie Ministerin für Familie und Jugend, später übernahm sie das Umweltressort. Ihre Herkunft aus dem Osten, ihr jahrzehntelanges Leben in einem autoritären kommunistischen System, das hätte schon für eine gewisse Prägung gesorgt, meint Politologe Herfried Münkler, Angela Merkel habe die Kunst des Abwartens gelernt.

Gelassen in Nachfolgefrage

Zweimal allerdings hat nicht abgewartet, sondern entschieden zugegriffen. Einmal, als sie ihren Ziehvater Helmut Kohl und Nachfolger Wolfgang Schäuble mit einem Schlag von ihren Thronen stürzte, worauf der Weg an Partei- und Regierungsspitze frei war. Und ein zweites Mal, als sie nach der Atomkatastrophe von Fukushima den Ausstieg aus der Kernkraftnutzung verkündete, obwohl sie kurz zuvor noch dafür plädiert hatte, die Atomkraftwerke länger als vereinbart laufen zu lassen.

Selbst Kehrtwendungen wie diese hat sie unbeschadet überstanden, vor allem auch, weil es ihr gelungen ist, Deutschland weitgehend unbeschädigt durch die Finanzkrise zu führen. Sie hat heute Beliebtheitswerte wie der seinerzeit der populärste Kanzler Konrad Adenauer, und wenn sie will, könnte sie vermutlich noch recht lange Kanzlerin bleiben. Will sie das? Immer wieder wird gemunkelt, sie könnte vielleicht doch relativ bald aussteigen aus ihrem Amt. Wenn darauf die Rede kommt, winkt sie ab, aber sieht in typischer Gelassenheit auch kein Problem, wenn es irgendwann um ihre Nachfolge gehen sollte: es habe sich immer noch jemand gefunden, der etwas werden wolle in Deutschland.

Wer immer das einmal sein sollte, wird sich mit hohen Erwartungen konfrontiert sehen, dafür hat Angela Merkel beizeiten gesorgt.