Neuer Vizekanzler signalisiert Reformwillen

Seinen ersten größeren politischen Auftritt hatte der neue Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) heute im Ministerrat und anschließend im Pressefoyer. Über Beschlüsse gab es nicht viel zu berichten, doch Mitterlehner wollte vor allem Aufbruchstimmung signalisieren. Und Mitterlehner will sogar in der Bildung große Reformen angehen - und zwar ohne Tabus.

Reinhold Mitterlehner und Werner Faymann

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Mittagsjournal, 2.9.2014

"Prozessorientiert" "vorwärts"

Woran man merkt, dass Reinhold Mitterlehner schon lang in der Politik und Minister ist? Daran, dass sein Presseauftritt nach dem Ministerrat so wirkt, als würde er das schon eine gefühlte Ewigkeit machen und neben Werner Faymann die Regierungspolitik verkaufen. Er will durchstarten, umsetzen, machen... Eine Regierung müsse darstellen können, für wen und wofür sie steht. Das wolle man gemeinsam wieder stärker in den Vordergrund rücken. "Da geht’s nicht nur um Marketing und Symbolik und kurzfristige Problemstellungen" , sondern um langfristige Reformprojekte, wie Mitterlehner sagt. Und dabei nimmt er tatsächlich selbst das Thema Bildung in den Mund: "Wir schauen einmal unsere eigenen Positionen in der Partei an, wie können wir Schritte nach vorwärts machen, das werden wir mit den Bünde- und Landesobleuten diskutieren und dann mit dem Koalitionspartner.

Frage: Und steht's mit dem ÖVP-Tabu "Gesamtschule"? Mitterlehner: "Es gibt keine Tabus in dem Bereich. Aber der Unterschied zu früher ist: Ich stelle nicht in der Öffentlichkeit Ergebnisse vor, die noch nicht miteinander diskutiert sind. Und deswegen dieser Weg als Beschreibung. Bin prozessorientiert, und das werden wir so leben." Ob diese neuen Töne in eine neue Schul-Linie der ÖVP führen, wird sich erst zeigen. "Prozessorientiert" ist jedenfalls ein Lieblingswort des neuen Vizekanzlers. Über die "prozessorientierte" Umsetzung der Steuerreform darf man schon einmal gespannt sein.

Steuerreform: "Spielraum schaffen"

Den Streit um Vermögenssteuern umschifften Kanzler und Vizekanzler heute allerdings weiträumig, Werner Faymann betonte nur, dass eine Lohnsteuersenkung ein großes gemeinsames Ziel sei, und auf dem Weg dorthin werde man sich nicht "mit kleinkarierten Debatten" gegenüber stehen. Für das Ergebnis sei Zeit bis März. Und Vizekanzler Mitterlehner bemüht das Wort vom "Erarbeiten" einer Steuerreform. Oft schon gehört, klingt nach vielen Verhandlungsrunden bis März, wenn dann das fertige Steuerentlastungsmodell beschlussreif sein soll: "Aufgabenreform, Spielraum schaffen, und eventuell bleibt dann irgendwo noch eine Gegenfinanzierung über", so Mitterlehner zur Steuerfrage.

Apropos neue Kleider beziehungsweise neue Rollen. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner übernimmt auf ÖVP-Seite nach dem Ausscheiden von Jochen Danninger die Koordination der Regierungsarbeit. Sie äußert sich optimistisch für eine gute Zusammenarbeit. Die neue Aufgabe der ÖAAB-Chefin ist vielleicht auch ein Zugeständnis an die Arbeitnehmerschaft in der ÖVP, die nach der Regierungsumbildung innerparteilich an Macht verloren hat.