Hauptverband: Minus durch Wirtschaftsflaute
Noch vor rund einem Jahr hatte es geheißen, dass die österreichischen Krankenkassen saniert sind. Lange hat die Freude darüber aber nicht angehalten: Der Hauptverband der Sozialversicherungen rechnet 2015 mit einem Minus von 137 Millionen Euro. Hauptverbandschef Peter McDonald begründet das mit steigender Arbeitslosigkeit und flauem Wirtschaftswachstum, die auf die Einnahmenseite drückten. Zudem seien die Medikamentenkosten stark gestiegen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 16.05.2015
"Medikamentenkosten stark gestiegen"
Im Vorjahr gab es noch ein Plus von 88 Millionen. Heuer schaut es anders aus. Fast alle Gebietskrankenkassen rutschen dieses Jahr ins Minus, allen voran Wien mit 64 Millionen und Niederösterreich mit 47 Millionen Euro. Nur im Burgenland und in Salzburg werden die Kassen voraussichtlich ausgeglichen oder leicht im Plus bilanzieren. Positiv auch die Bilanz der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft.
Verantwortlich für den Negativtrend sind laut Hauptverbandschef Peter McDonald zwei Faktoren:
Einerseits drückten die steigende Arbeitslosigkeit und das flaue Wirtschaftswachstum auf die Einnahmenseite. Andererseits seien die Kosten für Medikamente stark gestiegen. "Wir haben Kostenwachstum von plus acht Prozent im letzten Halbjahr und über plus zehn Prozent im ersten Quartal", betont McDonald.
Ein Viertel der Kosten durch hochpreisige Medikamente
Es seien einige sehr teure Medikamente auf den Markt gekommen, mit einem Packungspreis von über 700 Euro, die zwar nur 0,4 Prozent der verschriebenen Medikamente ausmachen, allerdings schlagen sie mit 25 Prozent aller Ausgaben für Heilmittel zu Buche. "Das ist einerseits erfreulich, dass wir hier einen medizinischen Fortschritt haben, wo bisher als unheilbar betrachtete Krankheiten heilbar wurden," so McDonald, trotzdem müsse hier die Sozialversicherung gegensteuern.
Einerseits müsse der Wettbewerb gefördert werden, andererseits müssten im Bereich der hochpreisigen Monopolisten gemeinsam mit der Pharmabranche Preismechanismen entwickelt werden, die die Versichertengemeinschaft nicht überforderten. Konkret will der Hauptverbandschef mit der Pharmawirtschaft über höhere Rabatte verhandeln.
Verhandlungen mit Pharmabranche
McDonald will auch europaweit Allianzen schmieden:
"Wir haben schon Kontakt aufgenommen mit Sozialversicherungen in anderen Ländern, auch mit unseren Vertretungen in der EU-Kommission und im EU-Parlament." Hier gebe es laut McDonald einen Vorstoß zur Entwicklung von gemeinsamen Einkaufsgemeinschaften, damit mit einer stärkeren Verhandlungsmacht den Pharmakonzernen gegenüber getreten werden kann.
Teure Medikamente sollen aber weiterhin für alle verfügbar bleiben. Sobald Medikamente zugelassen seien, könnten sie auch verschrieben werden, versichert McDonald. "Davon wollen wir nicht abgehen, das ist die Philosophie der österreichischen Sozialversicherung." Die Verhandlungen mit der Pharmaindustrie sollen noch diesen Monat beginnen.