Lukaschenko lässt sich wiederwählen
Gewählt wird am Sonntag auch in Weißrussland. Doch anders als in Wien kann man dort das Ergebnis schon heute mit Sicherheit vorhersagen: Alexander Lukaschenko, der in Weißrussland schon seit 21 Jahren an der Spitze des Staates steht, kann sich einer weiteren 5-jährigen Amtszeit sicher sein.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 10.10.2015
Aus Minsk,
Der oft als "letzter Diktator Europas" bezeichnete Langzeit-Staatschef hat mögliche Konkurrenten stets entweder ins Gefängnis gebracht oder anders aus dem politischen Leben verbannt. Doch während Lukaschenko dafür in Europa lange geächtet wurde, sieht es jetzt nach einer vorsichtigen Annäherung zwischen Weißrussland und der EU aus.
Wahlbeobachter ohne Spielraum
Dass am Sonntag Präsidentenwahlen stattfinden, ist in Weißrussland nicht zu übersehen - auf riesigen, in den Nationalfarben rot und grün gehaltenen Plakaten wird es angekündigt. Große Werbe-Plakate der Kandidaten finden man dagegen nicht, und auch sonst ist hier von Wahlkampf kaum etwas zu bemerken. Aber es ist dies ja auch keine Wahl, wie man sie aus anderen europäischen Ländern kennt. Alexander Silkow, der Leiter einer oppositionellen Wahlbeobachter-Organisation, klagt, dass Beobachter zwar diesmal in Wahllokale gelassen würden, dass sie aber so weit vom eigentlichen Geschehen entfernt sitzen müssten, dass sie die Auszählung der Stimmen nicht überprüfen könnten. Silkow vermutet, dass in Wirklichkeit überhaupt nicht gezählt wird: Die Mitglieder der Wahlkommission verkünden Resultate, die, so hat man den Eindruck, frei erfunden sind.
Daran, dass Langzeit-Präsident Alexander Lukaschenko auch diesmal wieder gewinnt, zweifelt aber ohnehin niemand. Und er würde die Wahl wohl auch gewinnen, wenn die bekannt gegeben Ergebnisse nicht frei erfunden werden. Einerseits hat er die Opposition mit harten Methoden fast vollständig aus dem politischen Leben gedrängt, andererseits hat sich Lukaschenko in den letzten Monaten aber auch als Garant von Frieden und Stabilität positioniert, und das kommt bei den Wählern an. So etwas, wie es sich da gerade in der Ukraine abspielt, brauchen wir auch für viel Geld nicht. Und daher bin ich für Lukaschenko, Lukaschenko, und noch einmal Lukaschenko, meint ein Mann auf dem Weg zum Markt. Bei uns wird es nie Krieg geben, weil wir haben Lukaschenko, ergänzt eine Pensionistin.
Politisch neutral
Es sind dies für die derzeitige Stimmung ganz typische Aussagen, erklären Politologen, die Menschen würden nämlich hauptsächlich russische Fernsehkanäle ansehen, und dort sei die Linie ja, dass die Proteste vom Maidan die Ukraine in Chaos und Krieg gestürzt hätten. Lukaschenko hat die Angst vor ähnlichen Ereignissen in Weißrussland innenpolitisch geschickt für sich genützt und erreicht so trotz der derzeitigen schweren Wirtschaftskrise hohe Zustimmungswerte. Doch auch außenpolitisch hat sich Lukaschenko angesichts der Ukraine-Krise neu positioniert. Er versucht, im Konflikt zwischen den für Weißrussland wichtigen Handelspartnern Ukraine und Russland neutral zu bleiben, die starke wirtschaftliche Abhängigkeit vom übermächtigen Russland will Lukaschenko nun durch bessere Kontakte zur EU ausbalancieren. Sogar der Forderung der EU nach Freilassung mehrerer seit 5 Jahren inhaftierter Oppositioneller ist Lukaschenko vor der Wahl nachgekommen. Das freilich auch nur, weil Lukaschenko westliche Kredite benötige, meint der Minsker Politologe Waleri Karbalewitsch: Es besteht keine Hoffnung, dass in Weißrussland demokratische Reformen beginnen.
Denn nichts deutet darauf hin, dass dieses Mal das letzte Mal ist, dass sich Lukaschenko für eine weitere Amtszeit bestätigen lässt. Zu seinem Auftritt vor der UNO-Vollversammlung vergangenen Monat hat er jedenfalls seinen 11-jährigen Sohn mitgenommen - für so manchen Oppositionelle ein Zeichen, dass Lukaschenko plant, die Herrschaft über Weißrussland in der Familie zu halten.