Ist Palmyra noch zu retten?

Hunderttausenden Menschen hat der Krieg in Syrien das Leben gekostet, Millionen sind auf der Flucht. Die Terrormiliz IS zerstört darüber hinaus gezielt die uralten Kulturstätten. So etwa im Sommer die antike Oasenstadt Palmyra, ein Juwel in der Wüste. "Ist Palmyra noch zu retten?" darüber diskutierte gestern im Kunsthistorischen Museum in Wien u.a. Syriens Denkmal-Chef.

Morgenjournal, 11.12.2015

Besonders spannend war der Vortrag von Maamoun Abdulkarim, dem Generaldirektor der syrischen Altertümer und Museen, zum Zustand der Kulturgüter seines Landes. Sie sind durch den Krieg in besonderer Weise der Zerstörung und Plünderung ausgesetzt. Seine Strategie war es, die Museen zu schließen und besonders ab 2014 mit dem Vorpreschen der Terrormiliz IS, alle Objekte an einem sicheren Ort zu verstecken. "So konnten bis heute 99 Prozent der syrischen Sammlungsbestände gerettet werden", erzählt Abdulkarim.

Was die archäologischen Stätten betrifft, stellt sich das Problem der Plünderungen. Das kam nicht erst mit dem Krieg: "Vor der Krise kamen sie des Nachts, es waren kleine Gruppen, fünf, sechs höchstens ein Dutzend Personen; jetzt aber kommen sie zu 400 oder 500 mit schweren Maschinen wie Bulldozern, tags und nachts", so Direktor Abdulkarim. Dafür seien nicht nur IS-nahestehende Gruppen verantwortlich, sondern auch etwa die islamistischen Rebellen der Al-Nusra-Front und andere, etwa die mafiöse Gruppen.

"Wer kauft, unterstützt den Terrorismus"

"Diese finden immer in kürzester Zeit Kompromisse mit den ein Territorium beherrschenden Gruppierungen - seien es IS oder andere - für eine Zusammenarbeit bei den Plünderungen. Das Problem international sei der Kauf dieser Kunstwerke: Wer Kunstwerke aus Syrien oder dem Irak kauft, unterstützt den Terrorismus!", beton Abdulkarim.

Es sei so gut wie unmöglich an Ort und Stelle gegen die Plünderer etwas zu unternehmen, und so müsse eben der Kampf gegen die Zwischenhändler und Händler geführt werden. Doch auch das ist äußerst kompliziert: So kann man Objekte, die aus Museen gestohlen wurden, dadurch, dass sie in der Regel registriert und katalogisiert werden, eventuell wiederfinden. Bei illegalen Ausgrabungen ist das nicht möglich, da die Objekte nicht bekannt sind.

Im Österreichischen Recht muss der Kläger beweisen, dass ein Objekt illegal zu einem Händler gekommen ist - was in der Praxis äußerst schwierig ist, da auch Provenienz-Zertifikate leicht gefälscht werden können. Auch wenn sich die UNESCO da redlich bemüht: Der Schmuggel hat noch schöne Tage vor sich.

Restaurierungsarbeitet hat begonnen

Überraschend mag sein, dass es bereits nach Kämpfen in beruhigten Zonen erste Restaurierungsarbeiten gib. Manche davon seien dringend, da - wie etwa bei der Kreuzfahrerburg Krak des Chevaliers bei Homs - die Schäden durch die Witterung noch verstärkt werden. "Bereits restauriert wurden in Homs: ein Osmanischer Palast, mehrere Kirchen, aber auch die große Moschee", sagt Abdelkarim. "Es gibt Projekte für die alte christliche Stadt Maaloula, und italienische Archäologen haben bereits Pläne zum Wiederaufbau des von der IS gesprengten Bel-Tempels in Palmyra erarbeitet. Wir haben Zeit, das Geld und die Leute - Ingenieure, Architekten -, und es gibt eine Botschaft der Hoffnung im Herzen. Wenn wir die Hoffnung verlieren", sagt Abdelkarim, "werden wir die Kontrolle über das kulturelle Erbe Syriens verlieren!