Teenie-Horrorfilm "The Neon Demon"

Hochglanzbilder und ästhetisierte Gewalt, ein Horrorfilm über Schönheit und Jugend: "The Neon Demon" des Dänen Nicolas Winding Refn hat bei den heurigen Filmfestspielen in Cannes polarisiert, wie kaum ein anderer Wettbewerbsbeitrag.

Winding Refn, der mit "Drive" 2011 sowohl bei der Kritik wie auch beim Publikum einen internationalen Überraschungserfolg feiern konnte, beschreibt sein neues Werk als Teenie-Horrorfilm. Die erst 18-jährige Elle Fanning spielt darin ein junges Model.

Mittagsjournal, 20.06.2016

Stilisierter Leinwandexzess

Schönheit ist nicht alles, sie ist das Einzige. Unter dieser Prämisse wirft Nicolas Winding Refn in "The Neon Demon" ein 16-jähriges Mädchen in den Rachen der Modewelt. Die Unschuld vom Lande, die nach L.A. kommt und verzaubert.

"The Neon Demon" ist einmal mehr ein bis zur Abstraktion stilisierter und durchgestylter Leinwandexzess des dänischen Filmemachers. Die Idee zu diesem Film sei ihm dabei in der Früh im Bett gekommen. Als er festgestellt habe, dass er im Gegensatz zu seiner Frau nicht von Geburt an mit Schönheit gesegnet sei. Und sich gefragt habe, wie das wohl wäre - schön zu sein. Das mag plakativ und provokant klingen - beides trifft aber auch auf diesen Film zu.

Manchmal fast banal erscheint "The Neon Demon" in seiner narrativen Haltung, umso präziser aber in seiner audiovisuellen Extravaganz, die - wie der Filmemacher betont - vor allem auf emotionale Reaktionen des Publikum abzielt. Darum gehe es in der Kunst, so Winding Refn. Ob die Reaktionen positiv oder negativ ausfallen, sei irrelevant. Die Oberflächen und Obsessionen der Modewelt werden von Winding Refn erst auf Hochglanz poliert - dabei weniger kritisiert als rauschhaft überzeichnet -, um sie dann in ästhetisierten Gewaltszenen zu zerkratzen und zu zerschlagen.

Kompromisslose Handschrift

Nachdem Filmemacher wie Woody Allen oder Jim Jarmusch zuletzt schon mit Amazon zusammengearbeitet haben, hat nun auch Winding Refn seinen "Neon Demon" an die Studios des Onlineriesen verkauft. "In den USA waren die Amazon-Studios gerade zu aggressiv in ihrer Selbstpräsentation als wirkliche Kinoliebhaber", so der Regisseur. "Und ja, wir sind im 21. Jahrhundert, und für mich ist das die beste Kombination. Ein Bekenntnis zum Kino, und zugleich ein Streaming Angebot als großartige Alternative."

Für Winding Refn das beste Angebot, für den Onlineriesen ein weiterer prominenter Name für die eigene Imagepolitur. Denn auch wenn "The Neon Demon" sich an seinen eigenen Prämissen abarbeitet - Winding Refn ist ein Regisseur mit einer klaren wie kompromisslosen künstlerischen Handschrift. Einer Handschrift, der er auch mit diesem Film treu geblieben ist.