ORF/NADJA HAHN
Rechercheplattform
Addendum verschenkt Recherchen
Die Online-Rechercheplattform "Addendum" ist im zweiten Jahr, Anfang Dezember hat "Addendum" die erste gedruckte Zeitung veröffentlicht. Die Macher des Medienprojekts der "Quo Vadis Veritas"-Stiftung von Red-Bull Boss Dietrich Mateschitz haben zu Beginn wenig über ihr journalistisches Selbstverständnis und ihr Geschäftsmodell verraten. Nun hat Nadja Hahn für #doublecheck mit Geschäftsführer Niko Alm das erste ausführliche Gespräch geführt.
4. Februar 2019, 02:00
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#doublecheck | 04 01 2019
"Wir machen keine Nachrichten. Wir machen keine Berichterstattung. Wir machen Rechercheprojekte, die die Grundlage dafür bieten, dass andere Medien damit weiterarbeiten." Vorarbeit für andere Medien sei das, sagt Geschäftsführer Niko Alm. Hintergründe und Fakten wolle man liefern, für ein "vollständigeres Bild der Wahrheit". Denn das sei "das, was fehlt" - das ist ja auch der Anspruch von "Addendum". Man sehe sich als Ergänzung zu bestehenden Medien, die manche Themen zu wenig aufbereiten würden, sagt Alm.
"Rekonstruktiver Journalismus"
"He says, she says" - also nur verschiedene Meinungen zu einem Thema - wolle man nicht abbilden. "Diese Art von Journalismus gibt es bei uns nicht. Bei uns geht es um eine faktengetreue Wiedergabe, was passiert ist." Alm spricht von "rekonstruktivem Journalismus" als Leitmotiv, im Gegensatz zu "konstruktivem Journalismus", der seiner Meinung nach eine bestimmte politische Haltung hat.
Nicole Heiling
Niko Alm, Gechäftsführer von "Addendum"
Daher habe "Addendum" nach eigenem Verständnis auch keine politische Schlagseite, sagt Alm. Auch die Themenauswahl habe keine politische Agenda. "Nein, keinesfalls. Wir machen keine Politik." Was passiert, wenn Stiftungsgründer Dietrich Mateschitz etwas nicht gefällt, was bei "Addendum" geschrieben wird? "Keine Ahnung", sagt Alm, Mateschitz habe sich noch nie eingemischt.
"Wir machen keine Politik"
Für "Addendum" arbeiten in Wien derzeit rund 60 Personen, darunter einige renommierte Journalisten. Sie arbeiten in Rechercheteams und veröffentlichen zu unterschiedlichen Themen mehrere Artikel auf der "Addendum"-Website und machen TV-Reportagen für "Servus TV", das ebenfalls Dietrich Mateschitz gehört. Bisher habe man an rund 70 Themen gearbeitet, es ging viel um Asyl, Migration, den Rechtsstaat, die Justiz, aber zum Beispiel auch um Glücksspiel, Sterbehilfe oder etwa Impfen.
Inspirieren lassen habe man sich inhaltlich oder auch stilistisch bei Medien wie "ProPublica", "Correctiv", "Vox" und "Vice", sagt Alm. Die Rechercheplattform "Dossier" sei vom journalistischen Anspruch vergleichbar.
Geld ist schön, aber nicht das Ziel
Besonders regionale Medien, die sich keine eigenen Recherchen leisten können oder wollen, würden "Addendum"-Recherchen übernehmen oder kooperieren, sagt Alm und nennt etwa die Wochenzeitungen "NÖN" und die burgenländische "BVZ" sowie die Tageszeitungen "Oberösterreichische Nachrichten" und "Kleine Zeitung". Dafür bezahlen müssen sie nicht. Geld verdienen sei nicht das Ziel, sagt Alm. "Sollte es uns gelingen, Geschäftsmodelle zu entwickeln, dass wir profitabel werden, ist das schön, aber das ist nicht das primäre Ziel." Es sei ja auch nicht das einzige Verlustgeschäft, das Dietrich Mateschitz finanziere.
"Addendum" ist im Netz werbefrei. In der bisher nur einmal erschienen "Addendum"-Zeitung werden Anzeigen geschaltet, die Bücher, die vom Quo Vadis Verlag herausgegeben werden, sollen Umsatz bringen. Für eine Jahresmitgliedschaft bekommt man beides. Die TV-Beiträge, die für den "Talk im Hangar 7" produziert werden, werden an "Servus TV" verkauft. Das Geld bleibt also in der Familie. Obwohl die "Quo Vadis Veritas"-Stiftung unabhängig vom Red Bull Konzern ist.
Was will Mateschitz mit "Addendum"?
Stellt sich also die Frage, mit welcher Absicht Red-Bull Gründer Mateschitz "Addendum" gegründet hat. Stärkt es die eigene Marke oder gibt es doch ein gesellschaftliches Anliegen? "Ich könnte darüber nur spekulieren", sagt Alm, aber das wolle er nicht. Seine eigene Motivation, warum er für die Plattform arbeitet, will er auch nicht mitteilen.
Ebenfalls nicht verraten wollte Alm, wieviele Personen mit den Artikeln und Videos im Netz erreicht werden. "Die Entwicklung am Anfang war zufriedenstellend, aber wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen", sagt Alm. Einfluss zu nehmen, das sei wichtiger als Page Impressions. Mit wieviel Geld und wie lange wird Mateschitz das Projekt weiter unterstützen? Niko Alm: "Es ist ohne Frist angelegt."