Romane von Joseph Roth

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Ö1 Hörspiel

Joseph Roth: So nah wie noch nie

Ein "Ö1 Hörspiel" über den Schriftsteller Joseph Roth anlässlich seines 80. Todestags - "Drinnen, bei mir, bin ich sehr traurig. Joseph Roth"

Seit 1950 wurden im deutschsprachigen Raum insgesamt 15 Hörspiele realisiert, die auf Romanen oder Erzählungen von Joseph Roth basieren. An denjenigen, die in den vergangenen 25 Jahren produziert wurden, war der ORF bis auf wenige Ausnahmen als Produzent bzw. als Koproduzent beteiligt. Zuletzt wurde 2012 "Die Kapuzinergruft" als zweiteilige Produktion zusammen mit dem Norddeutschen Rundfunk in den Wiener Studios realisiert.

Vor allem die Hörspiele aus den vergangenen beiden Jahrzehnten sind nicht nur eng mit dem Funkhaus in der Argentinierstraße, sondern auch mit dem Autor und Bearbeiter Helmut Peschina verbunden. Es ist ein Glücksfall, dass Helmut Peschina sich leidenschaftlich dem Hörspiel verschrieben hat und unter den vielen Romanen, die er für das Theater und Radio dramatisiert hat, gerade zu denen von Joseph Roth eine besondere Beziehung pflegt. Es liegt also nahe, den Roth-Experten mit einem Hörspiel über den Schriftsteller zu beauftragen.

Biografie und Werk verwoben

In "Drinnen, bei mir, bin ich sehr traurig" bringt uns Helmut Peschina Joseph Roth nahe, indem er dessen biografische Eckpfeiler - jeder kennt ihn als Erfolgsautor und renommierten Journalisten, der im Pariser Exil an seiner Trunksucht zugrunde ging - mit Auszügen aus seinem literarischen Werk zu einem Hörstück verwebt. Viele seiner Wegbegleiter treten darin auf: Der Verleger Gustav Kiepenheuer etwa, oder der Freund und Lektor Hermann Kesten. Stefan Zweig, mit dem Roth in intensivem Briefkontakt stand, ebenso wie sein Freund Soma Morgenstern.

Die Frauen, die das Leben von Joseph Roth begleitet und geteilt haben, erzählen vom Zusammenleben mit ihm. Allen voran seine Frau Friedl, die Roth nach wenigen Ehejahren in psychiatrische Pflege bringen musste, wo sie schließlich von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Oder Irmgard Keun, Roths Schriftstellerkollegin und Geliebte, die über ihn sagt: "Als ich Joseph Roth zum ersten Mal sah, da hatte ich das Gefühl, einen Menschen zu sehen, der einfach vor Traurigkeit in der nächsten Stunde stirbt". Andrea Manga Bell, zunächst in Berlin und später in den ersten Pariser Exiljahren Roths Geliebte, erzählt uns von seiner Genusssucht und seinem Puritanismus, verbunden mit grenzenloser Eifersucht. Und natürlich kommt Joseph Roth selbst zu Wort.

Katharina Lorenz und Harald Krewer

Katharina Lorenz und Harald Krewer

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Umsetzung des Hörspiels

Bei der Umsetzung des Hörspiels haben wir uns verschiedener narrativer Mittel des Genres bedient. Dazu gehört die Interviewform ebenso wie die Verwendung historischer Aufnahmen und der Einsatz von Geräuschen und Musik. Mit einem kleinen Griff in die technische Trickkiste verbinden wir die autobiografische mit der literarischen Stimme von Joseph Roth. Bindeglied der beiden Ebenen ist die Komposition des Musikers Max Nagl, der bereits für einige andere Roth-Hörspiele musikalisch verantwortlich gezeichnet und zu dieser Produktion einen Soundtrack in der Besetzung Trompete, Geige, Cello, Klarinette und Schlagzeug beigesteuert hat.

Instrumentalaufnahmen, Cellistin

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Mit den Worten von Stefan Zweig endet das Hörspiel: "Er nahm kein Haus und hatte kein Heim. Nomadisch wandernd von Hotel zu Hotel, von Stadt zu Stadt. Irgendein tieferes Wissen verbot ihm jede Bleibe, und misstrauisch wehrte er sich jeder Bruderschaft mit behäbig-bürgerlichem Glück." So nah war uns Joseph Roth noch nie.


Text: Harald Krewer, Theater- und Hörspielregisseur

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