Ö1 Hörspielpreis "Adrienne"

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Ö1 Hörspielgala

Sie haben gewählt - das Hörspiel des Jahres!

Bei der vom ORF zum 27. Mal durchgeführten Publikumswahl wählten die Hörerinnen und Hörer aus 27 Neuproduktionen des Jahres 2019 das "Hörspiel des Jahres". Die Entscheidung fiel auf "Laß dich heimgeigen, Vater, oder Den Tod ins Herz mir schreibe" von Josef Winkler.

Der zum 13. Mal vergebene "Hörspielpreis der Kritik" geht an "GEH DICHT DICHTIG! Hörspieldialog mit Elfriede Gerstl" von Ruth Johanna Benrath. Die Ergebnisse der Publikums- und Juryentscheidungen wurden im Rahmen der "Ö1 Hörspiel-Gala" am Freitag, den 28. Februar im ORF-RadioKulturhaus bekannt gegeben. Als "Schauspieler des Jahres" wurde Johannes Silberschneider geehrt.

"Gemma schau'n" - Duscher und Gratzer auf André Hellers Spuren

Duscher und Gratzer

Als Showact trat das FM4-Duo Duscher und Gratzer auf, die mit Johannes Silberschneider auch in der Hörspielproduktion "Fake News Blues" zu hören waren.

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Laß dich heimgeigen, Vater

Das "Hörspiel des Jahres 2019" ist "Laß dich heimgeigen, Vater, oder Den Tod ins Herz mir schreibe" von Josef Winkler, inszeniert von Alice Elstner. Darin stellt der 1953 in Kamering in Kärnten geborene Josef Winkler seinem verstorbenen Vater vor allem eine Frage: "Warum hast du geschwiegen, warum hast du es verschwiegen ... auf welchem Boden wir stehen?".

Denn erst spät, nach dem Tod des Vaters, hat Winkler erfahren, dass auf der Sautratten, dem Feld des Dorfes, auf dem das Getreide für das tägliche Brot der Familie angebaut wurde, 1945 der Leichnam Odilo Globocniks verscharrt worden war. Globocnik war der Organisator und Leiter der "Aktion Reinhardt", er war maßgeblich verantwortlich für die Ermordung von mehr als eineinhalb Millionen Menschen in den Vernichtungslagern Belzec, Sobibor und Treblinka zwischen März 1942 und August 1943 und bis zuletzt stolz darauf.

Winkler hat den Text 2017 während der Direktionszeit von Karin Bergmann für das Wiener Burgtheater verfasst. Für Ö1 hat die Hörspielregisseurin Alice Elstner Winklers Text bearbeitet und inszeniert, mit Johannes Silberschneider in der Hauptrolle und Oskar Kisela als Kind. Die Musik komponierte Christoph Theiler.

  • Publikum im Sendesaal

    Autor Josef Winkler im Publikum der Ö1 Hörspielgala

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  • Johannes Silberschneider

    Johannes Silberschneider war der erste beim Soundcheck

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  • Duscher und Gratzer

    Duscher und Gratzer sorgten für den richtigen Wumms.

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  • Sendungsregisseurin Monika Kalcsics kam für ein kurzes Interview auf die Bühne, um Track 5' zu erläutern.

  • Orhan Kipcak gab den Track-5-Sonderpreis der Schule für Dichtung für Claudia Weber und ihr Stück "Depron Aero, 3mm" bekannt.

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  • Rednerin

    Den Hörspielpreis der Kritik für "GEH DICHT DICHTIG!" begründete Stefanie Panzenböck ("Falter")

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  • Gruppenfoto

    Gerti Drassl, Doris Glaser, Ruth Johanna Benrath, Andreas Jungwirt, Martin Leitner, Hannes Duscher und Roland Gratzer

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  • Publikum im Sendesaal

    Johannes Silberschneider mit seiner Laudatorin, der BR-Literaturredakteurin Cornelia Zetzsche

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  • Johannes Silberschneider

    Johannes Silberschneider während seiner Würdigung.

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  • Den Preis für das Hörspiel des Jahres konnte Josef Winklers (re.) NS-Abrechnung "Lass dich heimgeigen, Vater" auf sich verbuchen.

  • Fotografieren der Gewinner

    Die meiste Aufmerksamkeit bekam der sechsjährige Oskar Kisela, der die Rolle des Sohnes mit Johannes Silberschneider teilte.

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  • Bühnenszene

    Regisseurin Alice Elstner mit ihrem kleinen Hauptdarsteller.

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  • Fotografieren

    Das war die Ö1 Hörspielgala 2020.

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Christine Lavant auf dem zweiten Platz

Den zweiten Platz bei der Publikumswahl zum "Hörspiel des Jahres" vergaben die Hörerinnen und Hörer an "Aufzeichnungen aus dem Irrenhaus" von Christine Lavant. 1935 verbrachte die Kärntner Schriftstellerin Christine Lavant als Zwanzigjährige, nachdem sie einen Suizidversuch mit Medikamenten unternommen hatte, sechs Wochen in der "Landeskrankenanstalt Klagenfurt".

1946, elf Jahre später, schrieb sie ihre Erlebnisse mit Patientinnen, Pflegerinnen und Ärzten in der Institution Psychiatrie nieder. Sie "verdichtet ihre Erlebnisse und Empfindungen zu einem grotesk-realistischen Spiegelbild, in dem die Verhaltensweisen, die Hierarchien, die Machtstrukturen und Unterdrückungsmuster einer rigiden Klassengesellschaft sichtbar werden", so Klaus Amann, einer der Herausgeber von Lavants Gesamtwerk. Peter Rosmanith komponierte mit Franz Hautzinger und Matthias Loibner, die gemeinsam als "Brot & Sterne" auftreten, die Musik und führte Regie. Gerti Drassl verkörperte Christine Lavant.

Platz drei für die Grünmandelsche Familiengeschichte

Der dritte Platz ging an "Uherský Brod – Ein ferner Name". Der 1965 geborene Autor und Regisseur Florian Grünmandl recherchierte die Herkunftsgeschichte seines Vaters, des bekannten österreichischen Kabarettisten Otto Grünmandl, und seiner Familie. Briefe, Berichte, Dokumente und von Florian Grünmandl geführte Interviews waren die Basis für dieses Hörspiel, das zugleich ein Dokument der Geschichte einer jüdischen Familie im 20. Jahrhundert ist. Martin Sailer führte Regie in dieser Produktion aus dem ORF-Landesstudio Tirol, mit Julia Gschnitzer als Schwester, Joachim Bißmeier als Bruder und Helmuth A. Häusler als "Ich".

"Hörspiel-Kritikerpreis" an Ruth Johanna Benrath

Seit 2007 wird im Rahmen der "Ö1 Hörspiel-Gala" auch der "Hörspielpreis der Kritik" vergeben. Die Jury bestehend aus Stefanie Panzenböck ("Falter"), Hedwig Kainberger ("Salzburger Nachrichten"), Margarete Affenzeller ("Der Standard"), Norbert Mayer ("Die Presse") und Daniel Hadler ("Kleine Zeitung") prämierte das Stück "GEH DICHT DICHTIG! Hörspieldialog mit Elfriede Gerstl" von Ruth Johanna Benrath.

Darin tritt die in Berlin lebende Autorin Benrath in einen fiktiven Dialog mit der von ihr verehrten Wiener Dichterin Elfriede Gerstl. Gerstl verfasste Gedichte, Essays, kurze Prosastücke und "Denkkrümel", wie sie selbst einige ihrer Texte nannte.

Lauren Newton bereichert mit Klängen und Sprachspielen diesen Dialog zweier Autorinnen, die sich im realen Leben nie begegnet sind, jedoch auf sprachlicher Ebene miteinander verbunden sind. In diesem Hörspiel ist Gerti Drassl als Elfriede Gerstl und Dörte Lyssewski als Ruth Johanna Benrath zu hören. Regie führte Christine Nagel. Diese Produktion wurde auch von der Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste zum Hörspiel des Jahres 2019 gewählt.

Ruth Johanna Benrath und Andreas Jungwirth

Ruth Johanna Benrath im Gespräch mit Andreas Jungwirth

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Track 5‘ - die Siegerstücke des Ö1 Kurzhörspiel-Wettbewerbs

"Es geht auch anders" war das Motto des Ö1-Kurzhörspielwettbewerbs "Track 5‘", den Ö1 wieder mit der "schule für dichtung" ausgeschrieben hatte. Aus den 106 Einreichungen, die die Kriterien erfüllt haben, hat eine Jury zehn Kurzhörspiele nominiert: Die geforderten Kriterien waren neben einer Länge von maximal fünf Minuten ein Original-Ton und der Satz "Es geht auch anders".

Platz 1 und damit 1.000,- Euro Preisgeld ging an Karl Quartz für "Die Gardinen im Schlafwaggon", ein "Mikro-Antidrama", das "schelmisch das Fehlen jeglicher Story karikiert".

Die Gewinner des zweiten Preises mit 500,- Euro sind Laurin und Amelie Steinhuber mit "Es geht auch anders". Es ist ein schneller Dialog zwischen den zwei jungen Teilnehmern. "Es könnte ein Zählreim sein, eine Moritat, ein Abenteuer-Hörbuch, Zeichentrick-Soundscore, Kinder-Rap."

Karl Quartz

Karl Quartz mit seiner Adrienne

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Platz drei mit ebenfalls 500,- Euro ging an das Hörspiel "Haltestelle" des Künstler/innen-Kollektivs "Bonnie und das Kleid", bestehend aus Muamer Gazibegovic, Nevenko Bucan und Alona Bakirova. "Als Film könnte dieses Kurz-Hörspiel ein herzzerreißendes Melodrama sein, als Musikstück eine traurige Ballade, als Kunstwerk ein sehr melancholisches Gemälde von Edward Hopper", so die Jury. Zusätzlich vergab die "schule für dichtung" zum sechsten Mal einen Sonderpreis, der mit 1.000,- Euro dotiert ist und den dieses Jahr Claudia Weber für ihr Kurzhörstück "Depron Aero, 3mm" erhielt, in dem der Bau und Flug eines Modellflugzeuges zu einer Parabel wird, einer leichtfüßigen Geschichte über Verlust und Neubeginn.

Johannes Silberschneider ist "Schauspieler des Jahres 2019"

Seit 1997 wählt eine Fachjury aus ORF-Hörspielregisseurinnen und -regisseuren die Schauspielerin oder den Schauspieler des Jahres. Diesmal fiel die Wahl auf Johannes Silberschneider für seine prägende Mitwirkung in vier Hörspielneuproduktionen des Jahres 2019, insbesondere für seine eindrückliche Interpretation von Josef Winklers "Laß dich heimgeigen, Vater, oder Den Tod ins Herz mir schreibe".

Johannes Silberschneider

Johannes Silberschneider

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"Johannes Silberschneider verleiht Josef Winklers autobiographischem Text eine berührende Unmittelbarkeit, durch die persönliche Erfahrung und zeitgeschichtliche Relevanz des Erlebten glaubhaft vermittelt werden", so die Jury-Begründung.

Weiters hat Silberschneider in den Hörspielen "Drinnen, bei mir, bin ich sehr traurig. Joseph Roth" von Helmut Peschina, "Die Bergung der Landschaft" von Magdalena Schrefel und in "Fake News Blues", der ersten Podcast-Fiction-Serie von Ö1 und FM4, mitgewirkt.

Die Laudatio auf Johannes Silberschneider hielt die Literaturredakteurin des Bayerischen Rundfunks, Cornelia Zetzsche.

Cornelia Zetzsche

In ihrer Würdigung schilderte Zetzsche wie Silberschneider auch seine Radiorollen buchstäblich verkörpert.

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Die ORF-Hörspiel-Jury würdigt Johannes Silberschneider als "emphatischen, kreativen und energetischen Schauspieler", der mit "genauen Vorstellungen und persönlichem Eigensinn seine Figuren entwickelt. Die Individualität, die dadurch auf seine Figuren übergeht, zeichnet seine Arbeit im Hörspielstudio und auf der Bühne aus. Er versteht Sprache als Medium der Dichtung, Texte sind für ihn ‚Sprachpartituren‘, Musik, die man zu ‚singen‘ hat." Zu den bisher Ausgezeichneten der Fachjury zählen u. a. Rudolf Wessely, Michou Friesz, Martin Schwab, Bibiana Zeller, Peter Simonischek, Peter Matic, Andrea Clausen, Erwin Steinhauer, Chris Pichler, Elisabeth Orth, Cornelius Obonya, Gerti Drassl, Joachim Bißmeier, Markus Hering, Petra Morzé, Markus Meyer, Karl Markovics, Vera Borek und Sylvie Rohrer.

FM4-Soundselection

Für die musikalische Begleitung sorgten FM4-Kollegen Roland Gratzer und Hannes Duscher, die auch gemeinsam mit Johannes Silberschneider in der Ö1 Hörspielproduktion "Fake News Blues" auftraten. Für ihren Auftritt haben sich die beiden extra von Lotte Ingrisch in der Kunst der Astral-Reise unterweisen lassen, wie Gastgeber Andreas Jungwirth launig bemerkte - sollte heißen, den Körper verlassen und dadurch an zwei Orten gleichzeitig sein zu können, lief doch zeitgleich zur Ö1 Hörspielgala im Schwesternsender FM4 die wöchentliche Sendung "Top FM4", just mit den Hosts Duscher und Gratzer...

Bühnenauftritt von Silberschneider, Duscher, Gratzer und Galli

Unterstützung fanden Duscher und Gratzer schließlich noch von Johannes Silberschneider und Pippa Galli

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Als Rausschmeißer sangen Johnny Silver aka Johannes Silberschneider, Pippa Galli, und Duscher & Gratzer den Peter-Alexander-Klassiker "Hier ist ein Mensch".