Krönungskrone in Gold

AP/RADEK PETRASEK

Geschäftsmodelle

Corona setzt der Medienkrise die Krone auf

Die Corona-Krise hat viele Medien wirtschaftlich in die Krise gestürzt. Zwar haben Zeitungen, der ORF und die Privatsender so viele Hörer, Seher und Leser wie selten zuvor, doch gleichzeitig bricht das Anzeigengeschäft ein. Die Regierung hat deshalb auch den Medien eine Corona-Entschädigung zugesagt, die ist aber umstritten. Zeit für neue Geschäftsmodelle.

Es war schon vor der Krise finanziell nicht einfach. Seit Jahren ringen Verlage und Privatsender um Ideen, wie man Journalismus zu Geld machen kann, vor allem im Netz. Die Krise hat nun viele noch schneller an die Grenzen gebracht, weil Unternehmen weniger inserieren. Der Verband Österreichischer Zeitungen spricht von einer Stornorate von 40 bis 50 Prozent. Und fast alle Medien haben Redakteure in Kurzarbeit geschickt, obwohl es so viel zu berichten gibt.

Medien-Hilfspaket aus Staatsräson

Die Regierung hat jetzt jedenfalls 15 Millionen Euro Sonderförderung für die Zeitungen und weitere 15 Millionen Sonderförderung für die Privatsender in Aussicht gestellt, die Digitalmedienförderung soll vorgezogen werden, auch hier geht es um 15 Millionen Euro. Dazu kommen weitere 15 Millionen Euro für die Werbekampagne der Regierung, die ja auch in Form von Inseraten in den Medien platziert wird. Die Regierung hat die Corona-Sonderförderung für die Medien beschlossen, weil sie "staatspolitische Verantwortung" tragen, wie der Medienbeauftragte des Kanzlers, Gerald Fleischmann, sagt.

Zeitungsdruck

AP/TONY DEJAK

Sonderförderung begünstigt den Boulevard

Begünstigt wird mit diesem Medienpaket speziell der Boulevard, weil sich die Höhe der Förderung an der Druckauflage des Vorjahres orientiert - und nicht an Qualitätskriterien wie etwa der Größe von Redaktionen. Das bedeutet: In den Boulevard fließen Millionen, während Qualitätszeitungen deutlich weniger bekommen. Zum Beispiel: Die reichweitenstarke und auch finanziell potente "Kronen Zeitung" bekommt fast drei Millionen Euro, das Gratisblatt "Österreich" streift auch fast zwei Millionen ein.

Fellner und "Kronen Zeitung" sagen danke

Auffällig war: "Österreich" bildete die Botschaften der Regierung treu ab, zum Beispiel gab es Ende März ein Sonderheft voller Inserate, da stand am Cover "Danke" und "So wird ihnen geholfen" - und Herausgeber Wolfgang Fellner schrieb vom "Musterland Österreich". Auch die "Krone" brachte an dem Wochenende ein Sonntagsheft mit Kurz auf dem Cover - Titel: "Der Krisenmanager. Der Kanzler erzählt, wie er selbst die Ereignisse erlebt und wie er mit dem Druck umgeht".

"Bauernzeitung" kriegt mehr als der "Falter"

Kritischere Medien wie "Der Standard" oder der "Falter" bekommen vergleichsweise auch wesentlich weniger Geld aus der Förderung - an den "Standard" gehen 500.000 Euro, ähnlich sieht es bei der Tageszeitung "Die Presse" aus und bei den Bundesländerzeitungen. Die Wochenzeitung "Falter" hat etwa 127.000 Euro bekommen. Das ärgert Chefredakteur Florian Klenk, er sagt: "Das ist die größte medienpolitische Schande, die die Grünen je verbrochen haben." Es ist eine harte Kritik, weil es die Grünen waren, die die Wochenzeitungen nach Protesten aus den Verlagen in die Sonderförderung hineinreklamiert haben. Aber es stimmt auch, dass gerade die Grünen immer eine Medienförderung nach Qualitätskriterien wollten. Übrigens: Die ÖVP-nahe Bauernzeitung oder die Raiffeisenzeitung bekommen mehr als "Falter" und "profil".

Standard verlor 300.000 Euro pro Woche

Auch beim "Standard" ist das Unverständnis über die Sonderförderung groß. Geschäftsführer Alexander Mitteräcker sagt, die Unterstützung entspreche dem, was seiner Zeitung in weniger als zwei Wochen an Inseraten weggebrochen ist – pro Woche verliere man 300.000 Euro an Anzeigenerlösen, da sei die Förderung zwar willkommen, aber "ein Tropfen auf dem heißen Stein". Die Corona-Förderung sei jedenfalls kein Vorbild für die versprochene Reform der Presseförderung, verspricht Fleischmann in einem Interview mit dem "Standard". Immerhin.

"Schluss mit digitalen Lippenbekenntnissen"

Die Corona-Krise mach die ohnehin schwierige finanzielle Situation der Verlage und Privatsender deutlich sichtbar. Es sei eine Art Brandbeschleuniger, sagt Medienexpertin Anita Zielina, sie leitet ein Fortbildungsprogramm für Führungskräfte an der City University of New York. Jetzt müsse endlich radikal umgedacht werden, sagt Zielina. Denn erstmals seien viele bereit, für Journalismus im Netz zu bezahlen - über Abos, Mitgliedschaften oder Spenden. "Medienhäuser müssen sich ernsthaft überlegen, wie können wir Ressourcen von Print zu Digital verschieben, wie können wir neue Talente anziehen, wie können wir dem Bereich digitale Geschäftsmodelle mehr Gewicht geben. Wenn man das jetzt nicht tut, besteht die Gefahr, dass man die Krise nicht überleben wird." Ein Leben wie vor der Krise wird es jedenfalls nicht mehr geben, meint Zielina.

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