Bücher im Garten

ORF/JULIA REUTER

Radiokolleg

Literatur goes Pop

"Radiokolleg" über Romane, die Musikgeschichte schrieben.

Egal, ob man daran glaubt oder nicht: Der angebliche Tod des Paul McCartney 1966 bei einem Autounfall scheint die Beatles dazu inspiriert zu haben, zahlreiche Anspielungen darauf in ihre Lieder einzubauen. So zum Beispiel in "I Am The Walrus", 1967 auf dem Album "Magical Mystery Tour" erschienen: Das Walross wird in skandinavischen Kulturen als Vorbote des Todes angesehen, und John Lennon singt mehrere Male im Lied, dass er weint.

Unabhängig davon ist "The Walrus" eine Figur aus dem Roman "Alice hinter den Spiegeln" von Lewis Carroll. Der belesene John Lennon singt in seinem Lied auch "I am the Eggman", eine Anspielung auf die Figur des Humpty Dumpty, der in der deutschen Übersetzung von Carrolls Werk als Goggelmoggel in Erscheinung tritt.

Lewis Carroll

Im selben Jahr veröffentlichte die Band Jefferson Airplane das Album "Surrealistic Pillow". Darauf befindet sich die Nummer "White Rabbit", ebenfalls von Carroll beeinflusst. Die damals gerade erst bei der Band eingestiegene Sängerin Grace Slick hat dieses Lied, so heißt es, nach einem lsd-Trip geschrieben und damit laut eigener Aussage eine Hymne auf die eigene Wissbegier geschaffen, denn im Roman ist es die große Neugier von Alice, die sie dem weißen Kaninchen in den Kaninchenbau und somit ins Wunderland folgen lässt: "And if you go chasing rabbits, and you know you’re going to fall / Tell ’em a hookah-smoking caterpillar has given you the call". Auch Tom Waits und Marilyn Manson haben sich für ihre Alben "Alice" bzw. "Eat Me, Drink Me" Inspiration bei Lewis Carroll geholt.

Literatur ist nach wie vor eine große Inspirationsquelle bei der Entstehung von musikalischen Werken. Unübersehbar ist das bei Kate Bush, die ihren wahrscheinlich größten Hit, "Wuthering Heights", nach Emily Brontës gleichnamigem Roman benannt hat, der in den stürmischen Mooren Yorkshires angesiedelt ist. Kate Bush interpretiert in ihrem Lied jene Szene des Romans, in der die verstorbene Protagonistin Catherine ihrem geliebten Heathcliff als Geist erscheint und ans Fenster klopfend um Einlass in sein Schlafzimmer bittet: "Heathcliff , it’s me, I’m Cathy / I’ve come home, I’m so cold / Let me in through your window."

Michail Bulgakow

Etwas versteckter ist der literarische Bezug bei einem Hit der Rolling Stones. 1968 veröffentlichte die Band ihr Album "Beggars Banquet". Darauf befindet sich auch die Nummer "Sympathy for the Devil". Die Inspiration zum Liedtext erhielt Mick Jagger beim Lesen des Romans "Meister und Margarita", den er von seiner damaligen Freundin Marianne Faithfull erhalten hatte. Sowohl Michail Bulgakows als auch Jaggers Teufelsfigur behauptet, bei allerlei historischen Ereignissen hautnah dabei gewesen zu sein. "I was ’round when Jesus Christ / Had his moment of doubt and pain", heißt es etwa in Sympathy for the Devil.

35 Jahre später setzte die Band Franz Ferdinand dem Roman von Bulgakow ebenfalls ein musikalisches Denkmal: In dem Lied "Love and Destroy" wird der Hexenflug von Margarita über den Himmel von Moskau besungen: "I’m so free I could lacerate / Rip the robes right off of my chest / I’ll fl y high above the Moscowites’ sky / I’m gonna rip, rip, I’ll never rest."

George Orwell

George Orwells Dystopie "1984" ist ebenfalls eine beliebte Inspirationsquelle für Musikschaffende. David Bowie wollte dem Roman gar ein Musical widmen, was ihm von Orwells Erben jedoch untersagt wurde. Stattdessen finden sich auf seinem Album "Diamond Dogs" Anklänge an die Orwell’sche Version vom Überwachungsstaat.

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