Ennio Morricone

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1928-2020

Ennio Morricone ist tot

Ennio Morricone, der legendäre Komponist des Italowestern-Soundtracks, ist tot. Der zweifache Oscar-Preisträger, der unter anderem die Musik zu "Spiel mir das Lied vom Tod" komponierte, verstarb 91-jährig in einer römischen Klinik an den Folgen eines Sturzes.

Mittagsjournal | 06 07 2020

Benno Feichter

Die Soundtracks zu Sergio Leones Italowestern haben in den 1960er Jahren den Weltruhm von Ennio Morricone begründet. Am bekanntesten ist wohl die Mundharmonika-Melodie aus Leones "Spiel mir das Lied vom Tod" von 1969. Doch auch die beliebte Musik von "The Mission" (1986) stammt aus der Feder des introvertierten Römers.

Lange hat es gedauert, bis Morricone bei einer Oscar-Nominierung zu Ehren kam: 2007 erhielt er die begehrte Trophäe für sein Lebenswerk - immerhin hat Morricone stark die Geschichte der Filmmelodien geprägt. Die Musik zu gut einem halben Tausend Filmen stammt aus seiner Feder. Die für ihn scheinbar so typischen Italowestern machen jedoch einen verschwindend geringen Teil seines Oeuvres aus.

2016 erhielt Morricone einen Oscar für die beste Filmmusik für "The Hateful Eight".

2016 erhielt Morricone einen Oscar für die beste Filmmusik für "The Hateful Eight".

APA/AFP/ROBYN BECK

Späte Würdigung

Lange vor dem denkwürdigen Tag im Februar 2007 in Los Angeles hatte Morricone alle Hoffnungen auf einen Oscar bereits fahren lassen. Wenn er keinen für "The Mission" bekommen habe, warum also sollte es noch klappen, hatte er einmal erklärt. Fünfmal war er für einen Oscar nominiert, so auch für Giuseppe Tornatores "Malena". Es wurde nichts, worüber mehrere Golden Globes und ein Grammy für die Musik von "The Untouchables" (Die Unbestechlichen) kaum hinwegtrösten konnten. Doch dann kam doch noch der Ehren-Oscar für sein Gesamtwerk.

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Ennio Morricones Fähigkeit, Filmszenen mit seiner Musik jene Dimension zu geben, die ein Gesamtkunstwerk entstehen lassen, war außergewöhnlich. In den 1950er und 60er Jahren war er Mitglied der italienischen Musikavantgarde-Szene. Seine Klangexperimente gingen bis in die Dodekaphonie und den frühen Surrealismus. John Cage und Luigi Nono nannte er seine Einflüsse während dieser Zeit. Die Erfahrungen dieser Jahrzehnte hat er auch in seine Filmmusik einfließen lassen. Und er verwehrte sich immer dagegen, nur auf seine Erfolge im Italowestern-Genre reduziert zu werden.

Eigentlich passte Morricone nicht so richtig in die Welt des Showbusiness. Der introvertierte, ernsthaft wirkende Komponist führte ein unauffälliges Leben, Medientrubel und Skandale waren ihm fremd. 1956 heiratete Morricone Maria Travia. Das Paar hatte drei Söhne und eine Tochter. Einer der Söhne arbeitet ebenfalls als Komponist.

Profunde Ausbildung

Auch sein Werdegang schien durch und durch herkömmlich. Schon als Bub interessierte er sich fürs Komponieren, und so schrieben ihn die Eltern - sein Vater war Trompeter - mitten in den Wirren des Zweiten Weltkrieges im römischen Konservatorium "Santa Cecilia" ein. Dort erwarb er bis 1954 Diplome in Komposition, Trompete und Fanfare. Zunächst spielte er dann in Orchestern mit, die auch Filme vertonten.

"Ich kann mich erinnern, wie ich sehr schlechte Musik spielen musste und zu mir sagte: Das kannst du besser", erzählte er später. Seine ersten Gehversuche als Soundtrack-Komponist unternahm er Ende der 1950er Jahre. Der Durchbruch gelang, als er Sergio Leone, seinem ehemaligen Klassenkameraden, wieder traf. Der Italowestern "Für eine Handvoll Dollar" von 1964 war Morricones erster Welterfolg.

Zusammenarbeit mit Sergio Leone

Ennio Morricone komponierte auch klassische Musik und bezeichnete sich als Liebhaber ernster Musik - von Palestrina über Bach bis zu den Beatles. Vor allem jedoch war er ein Maestro im klassischen Sinn: Er hat eine ganze Generation von Soundtrack-Komponisten beeinflusst.

Von 1964 an arbeitete Morricone gemeinsam mit dem Regisseur Sergio Leone, für dessen Filme "Für eine Handvoll Dollar" (1964), "Zwei glorreiche Halunken" (1966) und "Spiel mir das Lied vom Tod" (1968) er die Musik schrieb, sowie mit Bernardo Bertolucci. Leone beteuerte immer wieder die Wichtigkeit von Morricones Musik für seine Filme, da dieser Dinge auszudrücken vermag, die sonst in Bildern hätten dargestellt werden müssen.

2016 Oscar für "The Hateful Eight"

Im Laufe seiner Karriere arbeitete der Römer mit weltbekannten Regisseuren wie Roman Polanski, Oliver Stone und Margarethe von Trotta zusammen. Aber auch klassische Musik und Fernsehmelodien hat er komponiert. 2016 erhielt er im Alter von 87 Jahren den ersten Oscar für seine Filmmusik zu Quentin Tarantinos Western "The Hateful Eight".

Text. Red., APA