Kaunertal, Ötztaler Alpen, Blumen

ORF/CHRISTIAN PAPKE

Salzburger Nachtstudio

Aus neun mach eins

Österreich ist ein kleines Land. Aber unter seinen acht Millionen Einwohnern gibt es große Unterschiede in Mentalität und Identität.

Das Salzburger Nachtstudio ergründet also nicht nur die Geschichte der Bundesländer, sondern auch die Mentalität ihrer Bewohner beiderlei Geschlechts. Als ein profunder Fachmann dafür kann Sepp Forcher gelten, der 34 Jahre lang die ORF-Sendung „Klingendes Österreich" moderiert hat.

Sepp Forcher

Sepp Forcher

ORF/HERIBERT SENEGACNIK

1930 in Rom geboren hat der Südtiroler Forcher, der in der Stadt Salzburg lebt, in all den Jahren eine intime Kenntnis vom Charakter der Menschen im Land erworben. Und er weiß sehr wohl zu differenzieren. Das beginnt einmal mit dem Unterschied zwischen Nieder- und Oberösterreich.

"Sicher ist eine der Ursachen, warum ich mich in Niederösterreich so wohl fühle, dem Umstand zu verdanken, dass ich überzeugter Österreicher bin. Vielleicht verspühre ich dort die Selbstverständlichkeit es zu sein. Das ist für mich ein Teil der Faszination 'Niederösterreich'. Oberösterreich hat ja eine ganz andere Geschichte, wenn man zum Beispiel an die Bauernkriege denkt. Das Land wurde an die Bayern verpfändet, so etwas prägt", sagt Sepp Forcher.

Viele Bruchlinien verlaufen entlang der Grenzen der Bundesländer, in denen wieder Hot Spots ganz eigene Welten darstellen - zum Beispiel Universitätsstädte mit ihren intellektuell geprägten Subkulturen. Diese Abgrenzungen sind für die Identität vieler Österreicher offenbar sehr wichtig, weiß auch der Grazer Historiker Peter Teibenbacher.

"Wenn es in der Politk darum geht sich im Lande zu bewähren, dann muss da immer eine gewisse Distanz zu Wien da sein. Um, zum Beispiel, das steirische Wählerherz zu gewinnen, geht es nicht ohne Distanz zu Wien", sagt Peter Teibenbacher.

Anders verhält sich das mit den Wienern, bemerkt der Wiener Sozial- und Wirtschaftshistoriker Ernst Bruckmüller.

"Die Niederösterreicher, Wiener und Burgendländer sind in erster Linie Österreicher, dann kommt erst das Land oder die Stadt. Im Westen und im Süden ist das anders. Da ist man zuerst Steirer, Kärntner, Oberösterreicher, Tiroler oder Vorarlberger", sagt Ernst Bruckmüller.

Das alles gründet darin, dass die Länder weitaus älter sind als die Republik.

"Am Ende der Monarchie sind die Länder übrig geblieben. Damit sind die Länder quasi Gründungselemente der Republik geworden. Weil sie das sind, haben sie ihr starkes Selbstbewußtsein in die Republik herrauf gerettet", erklärt der Sozial- und Wirtschaftshistoriker Ernst Bruckmüller.

Ein Sonderfall ist Tirol, sagt die Innsbrucker Historikerin Eva Pfanzelter. Denn das Land ist nicht nur zwei- sondern eigentlich dreigeteilt.

"Vor allem in Südtirol hat sich die Sonderstellung, als geschützte Minderheit, als Dachidentität etabliert. Insofern gab es auch eine Emanzipation zu dem Bundesland Tirol, den Brüdern im Norden. Die Osttiroler wiederum haben immer gerne diese Sonderstellung des benachteiligten kleinen Bruders innegehabt", sagt Eva Pfanzelter.

Zwischen den voneinander abweichenden Varianten des "Österreichischen" existieren mannigfaltige Querverbindungen und gesellschaftliche Muster, die von einem massiven Wertewandel der letzten Jahrzehnte in den Feldern Arbeit Beruf, Beziehung, Familie, Religion und Politik zeugen. Dazu gehört zweifellos auch ein Unbehagen, eine "Unzufriedenheit auf hohem Niveau" im siebtreichsten Land der Erde, wie es in der sozialwissenschaftlichen Studie "Die Österreicher/-innen" heißt.

Nicht zuletzt die Massenmigration der Gegenwart bringt neue Herausforderungen, und prägt Land und Leute - mit großen regionalen Unterschieden.

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