Gefangener Delfin

DYNAMO WIEN/FLORIAN JUNGWIRTH

Ö1 Schwerpunkt

Patient Ozean

Blau. Blau überwiegt. Nicht nur aus dem Blickwinkel des Universums. Das Blau des Planeten stammt aus den Ozeanen: dem Pazifischen, Atlantischen und Indischen Ozean. Mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche nehmen sie ein. Eine schier unendliche Weite, Tiefe und ein unglaublicher Reichtum an Leben und Besonderheiten.

Gerade diese Selbstverständlichkeit schreit nach Aufmerksamkeit. Die Menschheit kennt den Planeten nicht ohne Wasser. Es war und ist immer da. Und in Zukunft? Die Vereinten Nationen rufen ab 2021 zum Jahrzehnt der Meeresforschung für Nachhaltige Entwicklung auf. Denn was so grenzenlos und ewig erscheint, ist Urquell sämtlicher Wünsche und Begierden.

Jeder Zweite Atemzug stammt aus dem Meer

Die einen zehren davon, Stichwort Fischfang, die anderen entsorgen darin, Stichwort: Abwässer. Doch die Ozeane sind gemeinsam mit den Wäldern die wichtigsten Klimaregulatoren. Jeder Zweite Atemzug stammt aus dem Meer. Das Meer ist Wärmespeicher und Kohlenstoffsenke. Es feuchtet die Luft an und hält die Wassermassen in Bewegung. Es gleicht die Luftdruckunterschiede aus- mitunter sogar heftig. Und mit der Klimaerwärmung wüten auch die Hurricanes öfters und stärker. Aber das Meer schreit nicht, wenn es missbraucht wird. Es erholt sich scheinbar immer wieder, selbst nach Atom- und Erdölunfällen. Aber ist es wirklich so?

Unermessliche Anforderungen

Die UNO rückt die Nachhaltigkeit der Ozeane in den Mittelpunkt der kommenden Dekade. Das Meer ist gefährdet, weil zu viel herausgenommen, aber auch zu viel hineingepumpt wird. Das Meer ist primär Lebensraum für Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen und natürlich auch für den Menschen. Alles hängt von der Wasserqualität, der Biodiversität und den geologischen Bedingungen ab.

Doch das scheint in den Hintergrund gerückt zu sein, betrachtet man die letzten Jahrhunderte: Verkehrsweg, Kraftwerk, Rohstoffquelle, Lebensmittel - die Anforderungen und Erwartungen an das große Wasser sind unermesslich. Schon planen Reedereien neue Schiffsrouten durch das gar nicht mehr so ewige Eis. Schon wachsen Off-Shore Kraftwerke aus dem Meer. Von den Manganknollen in der Tiefsee gar nicht zu sprechen. Riesentrawler, die per GPS Fischschwärme ausfindig machen. Wo bleibt die Verhältnismäßigkeit? Meerestiere, die sich in den Plastiknetzen verheddern, Vögel, die mehr Plastik im Magen haben als Beutetiere. Mikroplastik, das im Wasserkörper schwebt.

Was der Mensch nicht haben und sehen will, geht ab ins Meer

Eines zeigt sich immer mehr: Das, was der Mensch nicht haben und sehen will, geht ab ins Meer. Versenkt, verschwunden, vermischt zu einer Brühe, die an manchen Teilen der Welt letztlich nicht mehr zu übersehen ist. Müllstrudel nennt sich das neue "Land" im Meer. Im Südatlantik. Im Nordpazifik. Im Indischen Ozean.

Bis 2030 soll sich etwas ändern

Das kann Alles nicht so weitergehen- deswegen die Initiative zur 'Meeresforschung für Nachhaltige Entwicklung'. Die Ozeane haben sich längst zum Intensivpatienten der Menschheit entwickelt. Deswegen erstreckt sich die Kur nicht über ein, zwei, drei Jahre, sondern über ein ganzes Jahrzehnt. 2030 ist in der Klimadebatte ein wichtiges Datum - bis dahin will die EU ihren Kohlendioxidausstoß um mehr als die Hälfte unter den Wert von 1990 gebracht haben. Bis 2030 soll mit den Meeren nachhaltiger umgegangen werden. Das Meer als Ökosystem. Das Meer als Klimaregulator. Das Meer als Biodiversitäts-Hotspot.

Forscher/innen aus aller Welt sollen wissenschaftliche Grundlagen und Handlungsempfehlungen für die Umsetzung meeresbezogener Nachhaltigkeitsziele liefern. Es ist das Ziel Nummer 14: "Leben unter Wasser" - gemeinsam mit verwandten Zielen wie "Sofortmaßnahmen gegen den Klimawandel" und seine Auswirkungen", "Sauberes Wasser" und "Nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen" fördert es den Heilungsprozess des Patienten Ozean.

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