Filmstill, "Der Bauer und der Bobo"

LANGBEIN & PARTNER

Kino

"Der Bauer und der Bobo"

Als "arroganten Oberbobo", der vom Landleben und von bäuerlichen Existenzängsten keine Ahnung habe, beschimpfte der steirische Biobergbauer Christian Bachler vor einigen Jahren den "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk. Wie aus Schimpftiraden schließlich Freundschaft wurde und wie der Hof Bachlers mit einer Spendenaktion im Netz vor der Zwangsversteigerung gerettet wurde, beschrieb Klenk schon in seinem Buch "Der Bauer und der Bobo". Jetzt startet die gleichnamige Dokumentation von Kurt Langbein in den Kinos - der Film zum Buch.

Stadt und Land - quasi die natürlichen Lebensräume von Bauer und Bobo - sind zwei Welten, die sich gerne missverstehen. Mit Christian Bachler und Florian Klenk haben sich zwei gefunden, die im Aufeinandertreffen aus der jeweils anderen, in die eigene Welt dolmetschen und ganz offen über Missstände, Ängste und Perspektiven reden können.

Filmstill, "Der Bauer und der Bobo"

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Die Schweine haben vorne den Pflug und hinten den Düngerstreuer, und arbeiten vollautonom. Also eigentlich hightech

Für Regisseur Kurt Langbein fließt in diesem Film thematisch vieles zusammen, womit er sich schon in früheren Dokumentationen wie "Anders essen" und "Landraub" beschäftigt hat: "Etwa, dass wir dringend eine neue Beziehung zwischen den Konsumenten in der Stadt und den Produzenten am Land brauchen, die nicht getrübt ist von kommerziellen Interessen. Die beiden symbolisieren das auf eine so pointierte und auch freundliche Art - etwas Besseres hätte mir als Filmemacher nicht passieren können."

Wo das Schwein einen Namen hat

Zwischen Acker, Schlachtbank und Küchentisch wird hier fast beiläufig erklärt, wie alles im Kreislauf Natur und Klima, Landwirtschaft, Gesetzgebung und Lebensmittelbepreisung zusammenhängt. Es wird darüber gesprochen, was Massentierhaltung und Billigfleisch mit bäuerlichen Existenzängsten zu tun haben. Wie Vereinsamung und die Abhängigkeit von Banken und dem Förderwesen, Hand in Hand über das Land spazieren. Wie Bürokratie die Alpenweiden prägt und bäuerliche Kurzsichtigkeit vielfach den Zugang zu nachhaltiger Landwirtschaft verstellt.

Bachler hält dunkelgraue Freilandschweine - rosa Zuchtschweine würden sich auf dem Feld einen Sonnenbrand holen. Und diese Freilandschweine bereiten fressend und wühlend auch noch den Ackerboden auf. "Die Schweine haben vorne den Pflug und hinten den Düngerstreuer, und arbeiten vollautonom. Also eigentlich hightech", kommentiert der Bauer.

Die Bauern in der Matrix

In der konfliktfreudigen und eloquenten Annäherung trifft die Gelassenheit des Bobos auf die Aufmüpfigkeit des Bauern, der - wie Klenk in seinem Buch schreibt -, in Wahrheit kein dumpfer Wutbauer, sondern ein gewitzter Kerl ist. Empörung, Schmäh und Landwirtschaftsexpertise passen hier in einen Zirbenschnaps.

Aber Bachler eckt mit seinem unkonventionellen Zugang zu Landwirtschaft und Selbstvermarktung auch an. "Der macht das anders, das erzeugt Aggressionen, weil er hat auch noch Erfolg damit", sagt Langbein: "Und dann wird er auch noch ökonomisch gerettet. Das würde sich natürlich jeder wünschen, der in einer existenziellen Notlage ist - und das sind ja wirklich viele unter den Bauern. Es muss hier wirklich schnell umgedacht werden und da ist es gut, dass es so harsche, klare Protagonisten wie den Christian Bachler gibt."

Das moderne Bauerntum vergleicht Bachler mit Matrix: Wer die Notwendigkeit des Umdenkens noch nicht erkannt habe, lebe in einer Scheinwelt. Er verkauft seine Produkte im Webshop, Zimmer vermietet er via Airbnb, die er in sozialen Netzwerken bewirbt. Die Digitalisierung kremple die Landwirtschaft um, wie einst die Erfindung des Traktors. Langbein begleitet Florian Klenk dann vom Bergbauernhof weiter zu seiner journalistischen Arbeit, Bachler zum Praktikum beim "Falter" nach Wien. In der Mittagspause geht es in den veganen Burger-Laden. Und Bachler fragt sich beim Biss in den Fleischersatz, wo denn diese Proteine etwa herkommen. Das Schwein daheim hat ja einen Namen.

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