Kay Voges

APA/GEORG HOCHMUTH

2022/23

Volkstheater präsentiert Spielplan

Im Wiener Volkstheater hat Direktor Kay Voges sein Programm für die kommende Saison vorgestellt. Das Haus hat unter seiner Leitung nach einem holprigen Start mit Corona, Abo-Einbußen und geringen Auslastungszahlen langsam Fahrt aufgenommen und konnte sich zuletzt über zwei Einladungen zum renommierten Berliner Theatertreffen freuen.

Alles gut macht der Mai - gestern wurde das neue Lokal "Liebling im Volkstheater" neu eröffnet, die mediale Aufmerksamkeit ist gestiegen, die Kritiken waren gut, es gab nach 52 Jahren (!) erstmals wieder eine Einladung zum Berliner Theatertreffen und die Auslastung ist (zumindest im Mai) auf über 50 Prozent gestiegen (generell lag sie in der vergangenen Saison bei 47 Prozent).

Es geht aufwärts, gibt sich Direktor Kay Voges optimistisch: "Ich merke die Kommunikation zwischen Bühne und Publikum funktioniert, ich bin stolz über die Theatertreffen Einladung, das Programm läuft, wir sind da, und so soll es weitergehen."

Volkstheater

APA/GEORG HOCHMUTH

"Faust" als Fotoshooting

Auf den ersten Blick erscheint der Spielplan für Voges Verhältnisse ungewöhnlich traditionell: mit Stücken von Shakespeare bis Moliere, von Beckett bis Goethe. Dessen "Faust" wird Voges selbst inszenieren und sich damit einen langgehegten Traum erfüllen. "Seit ungelogen 32 Jahren denk ich drüber nach, den zu machen, eigentlich schon während der Schulzeit, und jetzt wird‘ ich 50 und bin dann reif genug, das einmal zu machen."

Verweile doch, du bist so schön - das Festhalten des Augenblicks - zentrales Motiv im "Faust", macht Voges zum Dreh- und Angelpunkt dieser Inszenierung. "In keiner anderen Kunst geht es um das Verweilen des Augenblickes so sehr wie in der Fotografie, und so werden wir "Faust" auf die Bühne bringen, als Theaterstück und als Fotoshooting und als Fotoausstellung, die live vor den Augen der Zuschauer:innen stattfindet."

Jonathan Meese oder Paul McCarthy

Auf den zweiten Blick findet sich im Spielplan aber auch alles, wofür das Volkstheater derzeit steht: Performances, Verschränkungen mit Musik, Choreografie und bildender Kunst. Jonathan Meeses Universums-Uraufführung "Barrier Reef" etwa oder die viertägige, für Menschen unter 18 nicht zugängliche Eröffnungsproduktion "Night Vater" - für die man den 77-jährigen amerikanischen Performancekünstler Paul McCarthy gewinnen konnte, der sich darin auf den 1974 in Wien gedrehten Film "Nachtportier" bezieht.

"Der Film geht über eine sadomasochistische Beziehung zwischen einem ehemaligen KZ Wärter und jüdischen Gefangenen, die sich Jahrzehnte wiedertreffen, das wird er zusammen mit Lilith Stangenberger auf der Bühne performen. Und wer was von McCarthy kennt, wird wissen, das wird grenzwertig und aufregend werden", so Voges.

Hypochondrien der Zeit

Am Puls der Zeit ist man mit Stücken wie "Öl" über das derzeit umkämpfte schwarze Gold nach dem Roman von Upton Sinclair, mit Luis Bunuels Filmadaption von "Der Würgeengel" über eine eingesperrte Gesellschaft oder der Leander-Hausmann-Inszenierung von Molieres "Der Eingebildete Kranke".

Kay Voges: "Über die ganzen Hypochondrien, die man entwickelt hat in den letzten Monaten, über die ewigen Gespräche über die Krankheit, da ist der ‚Eingebildete Kranke‘ der beste Stoff, um darüber lachen zu können und auch ‚Apokalypse Miau‘, wo die Eitelkeiten der Kunstschaffenden aufs Korn genommen werden, wird uns auf eine lustvolle Art den Spiegel der Gegenwart vorhalten."

Jelinek, Mujila, Perceval

Elfriede Jelineks "In den Alpen" wird gemeinsam mit der Fortschreibung "Apres les Alpes" von Fiston Mwanzá Mujila an einem Abend gezeigt und Luk Perceval gibt sich und dem Publikum wieder den ganzen Shakespeare - nach dem Königsdramen-Marathon "Schlachten" bei den Salzburger Festspielen, jetzt die Römerdramen.

Im Volx wird sich Markus Öhrn, Spezialist für das Thema häusliche Gewalt, Ingmar Bergmanns "Szenen einer Ehe" annehmen, in der Dunkelkammer ist Annie Ernaux‘ Roman "Die Scham" gut aufgehoben, zwischen True Crime und Aufdecker-Journalismus pendeln die Bezirke-Produktionen und Konzerte gibt’s in der Roten Bar und im Weißen Salon. Und vielleicht halten irgendwann auch die Auslastungszahlen mit dem ambitionierten Programm mit.

Service

Volkstheater
Berliner Theatertreffen - Die 10er Auswahl 2022

Gestaltung

Übersicht