Landschaft mit Feldweg im Mühlviertel

OBERÖSTERREICH TOURISMUS GMBH/MAYBACH

Öffentliche Inserate und Transparenz

Das "Hoamatland" der Parteimedien

Das "Volksblatt", eine von den wenigen klassischen Tageszeitungen in Österreich, gehört wie das im Zentralraum Linz viel gelesene Monatsmagazin "City!" der ÖVP Oberösterreich. Es sind die letzten traditionellen Parteimedien, formal von der Volkspartei abgekoppelt, aber von Jahr zu Jahr reichlich durch Inseratengelder vom Land und seinen Unternehmen unterstützt. Die NEOS haben das jetzt in Frage gestellt, die ÖVP mauert. Es geht um Strukturen, die ihre Macht bis in die letzten Winkel des Landes absichern.

"Hoamatland" - das ist nicht nur die oberösterreichische Landeshymne, so heißt auch die Cash-cow der ÖVP-Parteizeitung "Volksblatt". Das "Hoamatland" ist ein monatliches Magazin mit einer Auflage von 220.000 Stück, einmal im Jahr - im September - sind es 500.000, die gratis an die Haushalte in Oberösterreich gehen. Ein Konstrukt, das die Millionen an öffentlichen Inseratengeldern für das ÖVP-Blatt zumindest technisch rechtfertigen soll. Denn das Land hat allein 2021 mehr als 400.000 Euro an das "Volksblatt" überwiesen, dazu kommen Zig-Tausende Euro für Inserate von Landesunternehmen und ÖVP-geführten Ministerien.

Der lukrative Trick mit der Gratisbeilage

Der Blog "diesubstanz.at" hat die Landesinserate von 2021 auf die Reichweiten der drei großen Tageszeitungen in Oberösterreich umgelegt und errechnet: Der Platzhirsch "Oberösterreichische Nachrichten" bekommt 1,70 Euro pro Leserin, die "Kronen Zeitung" 1,60 Euro - das "Volksblatt" hingegen 6,90 Euro. Durch den Trick mit der Beilage entzerrt sich dieses krasse Missverhältnis. "Wir haben viel zu wenig Daten für das was passiert - und das aus gutem Grund, unterstelle ich bei solchen Produkten", sagt der Medienberater Andy Kaltenbrunner.

Sonst komme am Ende noch jemand und frage, ob das in Relation zu anderen Medien denn stimme. "Wenn ich keine Zahlen habe, kann ich das nicht nachschauen." Dass sich die ÖVP-Zeitung keiner Auflagenkontrolle und keiner Reichweiten-Messung unterzieht, hilft also beim Vernebeln.

Zwei Damen halten das Volksblatt in Händen

HARALD MINARIK

Die ÖVP will über ihr Netzwerk nicht reden

18.000 bis 20.000 Stück Auflage habe das "Volksblatt", das schätze man "mit dem Faktor drei hoch" und komme so auf eine Leserinnenzahl von 60.000, sagt Geschäftsführer Wolfgang Eder gegenüber #doublecheck. Die ÖVP hat auf Eder als Auskunftsperson verwiesen, zum politischen Aspekt der indirekten Parteienfinanzierung über Inserate ans "Volksblatt" will die Partei offenbar nicht Stellung nehmen.

Und das nicht einmal im Landtag, wo die NEOS das Mitte Mai thematisiert haben. ÖVP-Klubobmann Christian Dörfel war mit der Angelegenheit schnell fertig: "Öffentlichkeitsarbeit in Oberösterreich ist sauber, transparent, rechtlich korrekt." NEOS-Klubobmann Felix Eypeltauer hat mit seiner Fraktion freilich Analysen vorgelegt, die das mit sauber und transparent in Frage stellen. "Es gibt Praktiken, die vielleicht nicht illegal sind, aber die verboten werden sollten, weil sie moralisch nicht okay sind. Weil es so wie hier um Steuergeldverschwendung geht und in Wirklichkeit um verdeckte Parteienfinanzierung."

NEOS kritisieren schwarzes Inseraten-Karussell

3 Millionen Euro des Landes in neun Jahren für das "Volksblatt", allein seit Anfang 2020 mehr als 110 öffentliche Inserate im Wert von bis zu 400.000 Euro in den Magazinen des ÖVP-Wirtschaftsbunds, des ÖAAB und des ÖVP-Seniorenbunds. Und: NEOS kritisieren auch ein Inseraten-Karussell. Das ÖVP-Volksblatt inseriert nämlich seinerseits auch in diesen ÖVP-Bünde-Zeitschriften. Felix Eypeltauer von den NEOS beschreibt es so: "Ein ÖVP-Regierungsmitglied inseriert im ÖVP-Volksblatt, das ÖVP-Volksblatt inseriert dann im ÖVP-Wirtschaftsbund-Magazin oder im ÖAAB-Magazin oder im Seniorenbund-Magazin - das ist ein zweiter Weg, wie man hier Steuergeld in die Parteikasse, sozusagen in die Bündekassen schleust."

Kosten für Mitglieder-Kommunikation ausgelagert

"Volksblatt"-Geschäftsführer Eder bestreitet, dass hier Geld fließt. Die Inserate in den Bünde-Zeitungen seien Gegengeschäfte, sprich: die Bünde könnten im Gegenzug im "Volksblatt" für sich werben. Am Prinzip ändert das freilich nichts. Über öffentliche Gelder ermöglicht sich die regierende ÖVP Mitgliederwerbung - und das ist auch der Kritikpunkt: Sie hat sich dadurch dauerhaft einen Vorteil im politischen Wettbewerb verschafft.

"Jemand muss zahlen, damit man die eigenen Mitglieder kommunikativ gut erreicht", sagt dazu Andy Kaltenbrunner. "Und wenn das nicht die Partei ist, sondern die öffentliche Hand, so hat man die Kosten ausgelagert. Insofern war das in gewisser Weise immer - und ist es beim Volksblatt noch immer - eine indirekte Parteienförderung. Klarerweise." So gesehen trifft es sich auch gut, dass der Leiter der Presseabteilung des Landes seit dem Frühjahr Christian Haubner heißt.

Wenn der Ex-Chefredakteur Landes-Inserate vergibt

Der war zuvor fast zehn Jahre Chefredakteur beim ÖVP-Volksblatt und ist in seiner neuen Funktion für die Vergabe von Inseraten - unter anderem an das ÖVP-Volksblatt - zuständig, wie Christian Haubner auf Anfrage von #doublecheck bestätigt hat: "Als Leiter der Abteilung Presse habe ich die Letztverantwortung für Insertionen, die in Medien getätigt werden." Und die Medien in Oberösterreich, die sind halt insgesamt sehr ÖVP-lastig.

Treuhänder für die Volkspartei ist der Rechtsanwalt Franz Mittendorfer, er hält für die ÖVP auch 13 Prozent am Linzer "Life Radio", das im Vorjahr 200.000 Euro für Werbung vom Land bekommen hat. Und Mittendorfer hält ebenfalls treuhändig für die ÖVP Oberösterreich 59 Prozent, also die Mehrheit, am "City-Magazin". Das hat im Vorjahr mehr als 200.000 Euro aus öffentlichen Inseraten bekommen, zwei Drittel vom Land. In neun Jahren haben sich die Landesinserate auf 1,2 Millionen Euro summiert.

ÖVP-Landesräte sponsern Parteiblatt aus Budget

Das "City!" erscheint mit einer Auflage von 210.000 Stück monatlich und geht gratis an die Haushalte im Zentralraum Linz-Wels-Steyr. In der aktuellen Ausgabe findet man halb- und ganzseitige Inserate von ÖVP-Landesräten (die also mit Budgetmitteln in ihrem Parteiblatt inserieren), sowie reihenweise Schaltungen von Landes-Unternehmen wie Hypo und Energie-AG. Dazu kommen Inserate von Unternehmen der Stadt Linz - die Hauptstadt wird von der SPÖ regiert, die im Landtag die ÖVP-Parteimedien erstaunlich energisch in Schutz genommen hat.

Ein ganz besonderer Leckerbissen in dem Zusammenhang: ein Wohlfühl-Interview ausgerechnet mit dem ÖVP-Klubobmann, der im Landtag zum Thema Parteimedien noch so wortkarg gewesen ist.

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