Okto, Studiodreh, Kameramann

OKTO

Förderstopp für Stadtsender

Sendeschluss für den Reibebaum Okto

Während das rote Wien bei den Inseraten klotzt und nicht kleckert, schaut das Rathaus beim Community-Sender Okto TV plötzlich ganz genau aufs Geld. Die Stadt streicht die Förderungen, der Sender steht vor dem Aus. Wie es mit dem multikulturellen Kanal, der seit jeher von der FPÖ angefeindet wurde, jetzt weitergeht, ist völlig offen.

Nach fast 17 Jahren soll Schluss sein. Okto TV, der nicht-kommerzielle Wiener Community Sender, bekommt von der Stadt keine Basis-Förderung mehr. 750.000 Euro hat es zuletzt aus dem Rathaus noch gegeben, für das laufende Jahr fließt noch eine halbe Million Euro. Okto-Geschäftsführer Christian Jungwirth nennt die Entscheidung, die lapidar per Mail kommuniziert worden sei, überraschend. Zwar habe man seit mehr als einem Jahr mit der Stadt zähe Verhandlungen über die weitere Finanzierung geführt, die vereinbarte Evaluierung des Senders sei aber positiv verlaufen. Und dass die Basisfinanzierung prinzipiell weitergehe, sei auch niemals in Frage gestellt worden. "Man hat uns immer gesagt: Keine Sorge, keine Sorge", sagt Jungwirth.

Christian Jungwirth

Christian Jungwirth

OKTO/SEBASTIAN PHILIPP

Lineares Fernsehen so nicht mehr zeitgemäß?

Die Stadt begründet den Förderstopp damit, dass man einen linearen TV-Sender wie Okto nicht mehr fördern wolle. Ein Argument, das Medienwissenschafter angesichts des Medienwandels durchaus nachvollziehen können, Jungwirth aber nicht gelten lassen will. Die lineare Ausstrahlung mache nur einen Bruchteil des täglichen Geschäftes aus. Vielmehr gehe es bei Okto um journalistische Weiter- und Ausbildungen. Interessierte können sich etwa TV-Equipment ausleihen und so im Journalismus schnuppern, auch mit Hochschulen gibt es zahlreiche Kooperationen. Der Sender sieht sich als Plattform, an der sich alle Wienerinnen und Wiener beteiligen können, Partizipation und inklusive Medienarbeit stünden im Zentrum. Fast 20 Sprachen sind regelmäßig auf Okto zu hören.

Auch Kritik, dass Okto die Digitalisierung verschlafen habe, weist der Geschäftsführer zurück. Im Hintergrunde habe man eifrig an einer App gearbeitet, sie hätte bald online gehen sollen.

Gesamte Redaktion wurde bereits gekündigt

Maximal kleinere, projekt-bezogene Förderungen soll es künftig von der Stadt für Okto geben, etwa über die Wiener Medieninitiative. Damit ließe sich der jetzige umfassende Betrieb aber bei weitem nicht aufrechterhalten. Alle 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden gekündigt, um einen Konkurs zu vermeiden, wie es heißt. "Wir versuchen so lange wie möglich, unser Sende-Signal aufrechtzuerhalten", sagt Jungwirth. Dafür werde man auf Ehrenamtliche zurückgreifen müssen.

Bundes-Förderung kann den Sender nicht retten

Neben der Finanzierung durch die Stadt erhält Okto auch Förderungen vom Bund. Der Topf für den nicht-kommerziellen Rundfunk ist erst kürzlich auf Bestreben der Grünen von drei auf fünf Millionen Euro erhöht worden. Für Okto sei das zwar gut, aber den Ausfall des Geldes aus Wien mache das nicht wett, sagt Jungwirth. "Weder quantitativ noch qualitativ. Mit der Aufstockung ist auch die Umverteilung in Richtung 14 freier Radios in Österreich und zwei weiterer Community-Fernseh-Einrichtungen in Salzburg und in Linz mit zu berücksichtigen."

Keine grüne Unterstützung mehr im Rathaus

Das Umdenken der Stadt Wien in Sachen Okto fällt auch mit dem Wechsel der Regierung von Rot-Grün auf Rot-Pink zusammen. Die Neos haben die Grünen 2020 als kleinen Koalitionspartner abgelöst, Okto hat damit einen wichtigen politischen Unterstützer verloren. Der Klubobmann im Wiener Rathaus David Ellensohn sagt, es sei seiner Partei zu verdanken, dass dem Sender nicht schon früher der Geldhahn zugedreht wurde. Die aktuelle SPÖ-Argumentation sei scheinheilig. Immerhin fördere die Stadt mit W24 sehr wohl weiter einen linearen Sender, aber Okto sei wohl nicht mehr genehm, so Ellensohns Vermutung. Neos-Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr spricht im #doublecheck-Interview von einer Entscheidung, die die SPÖ getroffen habe.

FPÖ und "Krone" immer gegen Multi-Kulti-Sender

Der FPÖ war Okto schon lange ein Dorn im Auge. Gemeinsam mit dem Boulevard hätten die Freiheitlichen seit jeher vor allem türkische und arabische Sendungen herausgepickt und öffentlich diskreditiert, betont Jungwirth. Man habe sich etwa echauffiert, dass fremdsprachige Sendungen mit Steuergeld finanziert wurden. Die "Kronen Zeitung" feierte den Förderstopp regelrecht. Die Schlagzeile dazu lautete: "Wieso Okto nicht fehlen wird."

Screenshot

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Okto sendet chinesische Staatspropaganda

Fragen werfen allerdings zwei Okto-Sendungen auf, die in einer zweifelhaften Kooperation entstehen. Sowohl hinter dem Format "Tandem" als auch hinter "Treffpunkt China Österreich" steckt die China Media Group, das staatliche Nachrichtenmedium Chinas, das ganz offen Propaganda betreibt. Und mit den beiden Okto-Sendungen landet diese Propaganda auch in Österreich. Berichtet wird etwa über das chinesische Pandemiemanagement oder die Olympischen Spiele in Peking, ohne jegliche kritische Einordnung. Okto-Geschäftsführer Jungwirth stören die Sendungen nicht. Okto sei ein offener Kanal, man habe bisher nicht das Gefühl gehabt, "intervenieren oder zensieren" zu müssen. Und Geld aus Peking gebe es für die Sendungen auch nicht.

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