Da capo: Im Gespräch
"Ich weiß plötzlich, dass ich da bin und nehme es mir übel".
Peter Huemer spricht mit Albert Drach, Schriftsteller. Bearbeitung von Michael Kerbler
Erstausstrahlung vom 09.01.1992
8. Juni 2012, 16:00
"Der Schriftsteller Albert Drach sieht - im Lande Grillparzers und Thomas Bernhards ist dies keineswegs als Injurie aufzufassen - einem Menschenfeind zum Verwechseln ähnlich." Solches notierte vor zwanzig Jahren aus Anlass des 90.Geburtstages des griesgrämig dreiblickenden Schriftstellers der Literaturkritiker Günther Kaindlsdorfer.
"Ich bediene mich eines Stils", erläuterte ihm damals Albert Drach, "in dem das Leben gegen den Menschen schreibt. Das Leben nimmt keine Rücksicht auf uns, es schreibt in gleicher Weise hart gegen alle. Auf diese Weise muß auch der Roman verfahren."
Für den SPIEGEL war Drach "der Großmeister jenes systematischen Sarkasmus, der deutschen Zungen gar nicht liegt und aus scharfer Lebenserfahrung kommt: Drach, österreichischer Anwalt und Jude, zog für ein halbes Dutzend Romane die Robe des Anklägers an und plädierte in der grotesk überzogenen, mithin entsetzlich komischen Sprache seiner Profession."
Drach - er war Schriftsteller und Anwalt - gelang Ende 1938 über Jugoslawien und Italien die Flucht nach Frankreich. Er wurde in mehreren französischen Sammellagern interniert und schließlich in das Auslieferungslager Rivesaltes deportiert. Drach entkommt durch die Uminterpretation von Dokumenten seiner Halbschwester. Das Kürzel "I.K.G" auf seinem Heimatschein wird von "Israelitische Kultusgemeinde" zu "Im katholischen Glauben". Bis zum Ende des Krieges versteckte er sich in den französischen Meeralpen. 1947 kehrte er nach Österreich zurück und nimmt auch sein literarisches Schaffen wieder auf. Drach wurde erst zur öffentlichen Figur, als er 1988, er war damals 86 Jahre alt, den Büchner-Preis erhielt.
Peter Huemer hat Albert Drach kurz vor seinem 90.Geburtstag - also im Jahr 1992 - getroffen. Damals entstand jenes Zeitdokument, das wir heute in der Reihe "25 Jahre IM GESPRÄCH" zu Gehör bringen.
Service
Eva Schobel, Bernhard Fetz (Hrsg.): "Albert Drach. Werkausgabe in 10 Bänden", Paul Zsolnay Verlag
Eva Schobel: "Albert Drach - Ein wütender Weiser", Paul Zsolnay Verlag