Betrifft: Geschichte
Volksseuche Unsittlichkeit. Die Kampagnen gegen Schmutz und Schund. Mit Edith Blaschitz, Historikerin. Expertin für Mediengeschichte, Donau-Universität Krems. Gestaltung: Martin Adel
18. April 2013, 17:55
Gerade als die Trivialliteratur in Form von Heftromanen ihre Hochblüte feierte, geriet sie in Misskredit. 1950 wurde das sogenannte "Schmutz- und Schundgesetz" erlassen, auch unter dem Namen "Pornographiegesetz" geläufig. "Wenn in einem der Romanhefte ein Schuss gefallen ist, es keinen Toten gab, nur einen Schuss, wurde das Heft verboten", meinte der ehemalige Leiter des Bastei-Vertriebs in Österreich, Alfred Fröhlich. Beschlagnahmungen und Verbreitungsbeschränkungen standen auf der Tagesordnung. Was war der gesellschaftliche Hintergrund für die Kampagnen?
Der Kampf gegen Schmutz und Schund war ein erklärtes Ziel des offiziellen Österreich nach 1945. Darauf konnten sich die Parteien in einem breiten Konsens einigen. Der Kampf gegen minderwertige publizistische Erzeugnisse, dazu zählten auch populäre Unterhaltungsfilme, sollte zur Identitätsfindung der wiedererstandenen Republik beitragen. Die Debatte erzielte immense Breitenwirkung. Noch bis Mitte der 1950er Jahre wurden Petitionen gegen "Schmutz und Schund" unterschrieben. Aus heutiger Sicht mag das teilweise komisch anmuten, doch betrachtet man die Aggressivität, mit der dieser Kampf geführt wurde, bleibt einem das Lachen buchstäblich im Hals stecken.
Die durch Weltkrieg und Zwischenkriegskrisen geprägten Menschen wehrten sich gegen die ersten Ansätze einer aufkeimenden Populärkultur, deren Siegeszug als Leitkultur jedoch ab den 1960er Jahren nicht zu verhindern war. Anfang der 1970er Jahre endete dann auch der Kampf so mancher Ministerialbeamter gegen den "Schund": 1971 hob der Verfassungsgerichtshof die im Sinne einer Vorzensur gehandhabten Verbreitungsbeschränkungen auf.
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