Ö1 bis zwei

27. August 2013, 13:00

Eine Mittagsstunde mit Andras Schiff: Pianist, Dirigent, Kammermusiker, Liedpartner, Lehrer, Festivalleiter und Gründer, politisch wacher Beobachter und Kommentator. Und lebenslanger Bach-Liebhaber. Die Musik von Johann Sebastian Bach ist für ihn "Alpha und Omega" der Musik. Mit Bach beschäftigt er sich ein Leben lang, in den letzten Jahren besonders intensiv, es sind neue Aufnahmen entstanden und Andras Schiff ist Herausgeber einer neuen Edition des Wohltemperierten Klaviers. Schiffs Verständnis für Bach hat viel zu tun mit einer lebenswichtigen Begegnung. Als Student an der Franz Liszt Akademie in Budapest verbringt er oft die Sommerferien bei Verwandten in England und dort befreundet er sich mit dem 40 Jahre älteren Dirigenten und Cembalisten George Malcom. Mit ihm hat er oft zusammen musiziert, aber nie formellen Unterricht von ihm bekommen: Learning by doing.

Der in Ungarn geborene Andras Schiff, der heuer im Dezember seinen 60. Geburtstag feiern wird, lebt in London und Florenz und ist natürlich viel unterwegs. Zu seiner Heimat hat der politisch wache Geist seit einigen Jahren ein nicht einfaches Verhältnis. Gegen das ungarische Mediengesetz und die Einmischung der Politik in die Kultur unter der Orbán-Regierung verfasste Schiff im Januar 2011 mit mehreren Künstlern eine Resolution. In Interviews teilte damals er mit, dass er nicht mehr in Ungarn konzertieren werde, weil er dort Persona non grata sei und er von antisemitischer Hetze persönlich bedroht werde. Zumindest musikalisch kehrt Andras Schiff in dieser Sendung nach Ungarn zurück. Zu Bela Bartok, dessen Klaviermusik den Pianisten schon fast seit seiner allerersten Klavierstunde begleitet. Dessen zweites, virtuoses Klavierkonzert sei für ihn "a fingerbreaking piece", und es endet jedes Mal fast mit einer Tastatur voller Blut.
Also gilt es Daumen halten für ein gesundes, pianistisches Überstehen wenn Andras Schiff gemeinsam mit dem Budapest Festival Orchestra und Ivan Fischer den dritten Satz interpretiert..
Und dass diese mörderisch schwer zu spielende Musik nicht durch eben gesagtes in ein falsches Licht gerückt wird, noch ein Zitat des Pianisten aus dem CD Heft: "Bartoks Musik ist der Inbegriff des Ungarischer, aber man muss kein Ungar sein, um sie gut zu spielen. Wichtig ist nur, dass man ihren Tonfall begreift, der ebenso eng mit der ungarischen Sprache verknüpft ist wie die Musik Schuberts mit dem Deutschen, die Janaceks mit dem Tschechischen und die Debussys mit dem Französischen. Wer die Werke dieser Komponisten spielen will, sollte darum mit dem Charakter der jeweiligen Sprache vertraut sein. Die Musikwelt wird hoffentlich bald begreifen, dass Bartoks Musik kein brutales Gehämmere ist, es gibt lediglich Interpretationen, die solch einen Fehlschluss ermöglicht haben."

Service

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Sendereihe

• Ö1 bis zwei

Gestaltung

• Elke Tschaikner