Straßenschild "Wall Street"

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Radiokolleg

Radiokolleg - Epizentrum Wall Street

10 Jahre Finanzcrash (2). Gestaltung: Ina Zwerger

"Riechen sie das Geld?", fragt der Guide der "Financial Crisis Tour" und zeigt auf die die New York Stock Exchange, die größte Wertpapierbörse der Welt. "An der Wall Street konzentriert sich mehr Geld und Macht, als irgendwo anders auf der Welt". Doch seit dem Finanzcrash 2008 hat sich im New Yorker Finanzviertel einiges verändert.

Die Tour, die sich auf die Spuren der Finanzkrise begibt, führt zu jenen Banken, die vor 10 Jahren Schlagzeilen machten, wie Goldman Sachs, Merrill Lynch, die Bank of America oder die Federal Reserve Bank of New York, die unterirdisch die größten Goldreserven der Welt bunkert. Von Lehman Brothers lässt sich nur noch das Gebäude bestaunen, die Bank selbst existiert seit dem 15. September 2008 nicht mehr.

Die Insolvenz der viertgrößten Investmentbank der Welt brachte das globale Finanzsystem ins Wanken. Ein Beben, dessen Schockwellen die weltweit größte Rezession seit der Großen Depression von 1929 auslöste. Warum wurde Lehman nicht gerettet, und warum war die Pleite mit einem Schuldenberg von mehr als 630 Milliarden Dollar nicht der Auslöser sondern der Höhepunkt der Finanzkrise?

Das Finanzsystem erodierte, weil Banken und Versicherungen in hypothekenbesicherte Wertpapiere investierten, die sich auf die Kreditrückzahlung einkommensschwacher amerikanischer Haushalte stützten. Als die US-Immobilienblase platzte, explodierten auch die als Toxic Assets bekannten Verbriefungen. Das Gemisch aus "CDOs" (Collateralized Debt Obligations) und CDS (Credit Default Swaps), von Ratingagenturen als sicher eingestufte synthetische Werte, brachten das Finanzsystem beinahe zum Einsturz.

Wie konnte es so weit kommen und wie wurde ein Bank-Run im "Herbst der Finanz" verhindert? Mit welchen Rettungsaktionen haben die Regierungen und Zentralbanken, die FED in den USA, und die EZB in der EU entgegengesteuert? Der Kollaps zog schwere Fiskalkrisen nach sich und entwickelte sich zur notorischen Weltwirtschaftskrise mit rückläufigem Welthandel, schrumpfenden Bruttoinlandsprodukten, Rezession, hohen Staatsschulden und steigender Arbeitslosigkeit, schreibt Joseph Vogl in seinem Buch "Der Souveränitätseffekt" über die politischen Folgen der Finanzkrise, die seither über Schuldenbremsen und Austeritätsprogramme das akute Regierungshandeln diktiert.

Die Niedrigzinspolitik der letzten 10 Jahre und Quantitave Easing, führen zu ambivalenten Entwicklungen. Auch wenn sich die Wirtschaft wieder langsam erholt, profitiert von den geldpolitischen Interventionen vor allem die Finanzindustrie. Das Radiokolleg begibt sich auf Spurensuche und rekonstruiert, welche Schockwellen vom Epizentrum Wall Street bis heute nachwirken.

Service

LITERATUR:

Adam Tooze
Crashed
Wie zehn Jahre Finanzkrise die Welt verändert haben
Verlag Siedler, 2018

Joseph Vogl
Der Souveräntitätseffekt
Verlag Diaphanes, 2015

Wilfried Stadler
Der Markt hat nicht immer recht
Warum Wertschöpfung wichtiger ist als Geldschöpfung
Linde Verlag Ges.m.b.H, 2015

Stephan Schulmeister
Der Weg zur Prosperität
Verlag Ecowin, 2018

Gerald Nestler, Armen Avanessian
Making of Finance
Verlag Merve, 2015

Elena Esposito
The Future of Futures: The Time of Money in Financing and Society
Edward Elgar Publishing Ltd, 2011


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