Lieder einer Ehrenlegionärin

7. August 2023, 11:30

"Was mich an Chaminades Kunst so fasziniert, ist ihre ungeheure stilistische Bandbreite", schreibt die Mezzosopranistin Katharina Kammerloher. "Von innigster Einfachheit bis hin zu humoristisch-folkloristischem Esprit, von an Schumann gemahnender Emphase bis hin zu impressionistisch silbernem Klangzauber". Für ihr aktuelles Album hat Katharina Kammerloher aus dem reichen Liedschaffen von Cécile Chaminade 22 Lieder ausgewählt, die sie thematisch arrangiert hat. Entstanden ist ein assoziativer Liedzyklus, den Kammerloher "Saisons d'amour", also Jahreszeiten der Liebe, genannt hat.

"Unglaublich! Es ist kein junges Mädchen, das komponiert, es ist ein Komponist!", das soll Ambroise Thomas in den frühen 1880er-Jahren über Cécile Chaminade ausgerufen haben. In der nicht-gegenderten Form lag hier das "Kompliment". Cécile Chaminade wurde 1857 in Paris geboren, die Mutter war Pianistin, der Vater Leiter einer Versicherungsgesellschaft. Der Vater optierte gegen das Musikstudium seiner Tochter am Konservatorium, aber Cécile wurde privat ausgebildet, von Lehrern, die am Konservatorium wirkten. 1877 tritt sie als Pianistin in der Salle de Pleyel erstmals in Erscheinung. Sie macht eine beachtliche Karriere, konzertiert in England und den USA und bringt viele eigene Werke zur Aufführung. 1913 wird Chaminade als erste Komponistin Mitglied der französischen Ehrenlegion. Nach dem Ersten Weltkrieg sind ihre Werke allmählich aus der Mode gekommen und geraten zunehmends in Vergessenheit. In den vergangenen Jahrzehnten wird Cécile Chaminade - sehr zur Bereicherung des Repertoires - wiederentdeckt, mittlerweile existieren einige Einspielungen, hauptsächlich von Klaviermusik und Liedern.

Außerdem beginnt in dieser Ausgabe von "Des Cis" unser Schwerpunkt zum 70. Geburtstag von Georg Friedrich Haas am 16. August. In sechs Beiträgen beleuchten Rainer Elstner und Marie-Therese Rudolph verschiedene Aspekte in Haas' Wirken als Komponist, Lehrer und öffentliche Person: sein vielgespieltes Stück "in vain", das von einer internationalen Jury zum bedeutendsten Werk des 21. Jahrhunderts gewählt worden ist; seine Entwicklung vom Studenten in Graz bis zum erfolgreichen Opernkomponisten und Professor an der New Yorker Columbia University; die autobiografische Verarbeitung seiner Vergangenheit in den "Memoiren eines Nazibuben"; das Öffentlichmachen seiner lang unterdrückten sadomasochistischen Neigung (mit starkem medialen und künstlerischen Echo); sein Wirken durch seine erfolgreichen Student:innen; die mikrotonalen Techniken seiner Kompositionsverfahren.

Service

Aktuelle Aufnahme:
Album "Saisons d'amour"
Lieder von Cécile Chaminade
Mit: Katharina Kammerloher (Mezzosopran), Johann Blanchard (Klavier), Jiyoon Lee (Violine)
Label: MDG Musikproduktion Dabringhaus & Grimm

oe1.ORF.at - Zum 70. Geburtstag von Georg Friedrich Haas
YouTube - NYKY En­sem­ble & Klang­fo­rum Wien: Georg Friedrich Haas, in vain
Ricordi - A music referendum (PDF)

Sendungen zum 70. Geburtstag von Georg Friedrich Haas:
Zeit-Ton | 07 08 2023, 23:03 - Haas und das ORF musikprotokoll
Zeit-Ton | 08 08 2023, 23:03 - Haas und die Folgen
Zeit-Ton | 14 08 2023, 23:03 - Memoiren eines Nazibuben
Opus | 15 08 2023, 15:05 - Die Welt neu hören
Das Ö1 Konzert | 15 08 2023, 19:30 - Haas und das RSO Wien

Sendereihe

• Des Cis

Gestaltung

• Helene Breisach