Deutschland zögert, EU schaut zu

Politik auf verlorenem Posten?

Das Zögern und die Diskussion um die Auszahlung des Geldes schlägt an den Finanzmärkten hohe Wellen - Aktienkurse rasseln in den Keller, Risikoaufschläge für italienische und irische Staatsanleihen erreichen Rekordhöhen. Dennoch hält sich die EU-Spitze auffallend im Hintergrund und überlässt das Handeln der deutschen Kanzlerin Merkel.

Mittagsjournal, 28.04.2010

Besorgte Analysten

Die Lage ist ernst, die Gefahr einer Ansteckung der Eurozone Realität geworden, sagt Axel Botte, Analyst bei der AXA Versicherung in Paris. Das größte Risiko sei nun, dass die Spekulanten eine Spur von einem Schuldenland zum nächsten ziehen. Die Politiker müssen jetzt die Kurve kriegen, lässt auch der Hedgefonds-Manager Eric Fine nicht locker. Klare Worte also auf der Seite der Märkte. Und die andere Seite - die Politik?

EU-Sondergipfel

Ratspräsident Herman van Rompuy ist derzeit in Tokio. Dort findet der EU-Japan-Gipfel statt. In einer Pressekonferenz heute früh bestätigt er den Termin für einen Sondergipfel: "Als Ratspräsident bestätige ich, dass ich vorhabe, die Staats- und Regierungschefs der Eurogruppe um den 10.Mai einzuladen."

Kein Schuldenverzicht

Fast unkommentiert bleibt das Zögern Deutschlands, die Diskussion um die Auflagen für die Kredithilfe, nur so viel: Die Beratungen über die Freigabe der Finanzhilfen seien "auf gutem Wege". Ein Schuldenverzicht als Teil des Programms stehe nicht zur Debatte. Am Sonntag soll das Sparpaket, das Währungsfonds, EU-Kommission und Europäische Zentralbank seit fast zwei Wochen mit Athen verhandeln, fertig sein.

Mehr Geld vom IWF?

Die Financial Times berichtet, dass der Währungsfonds weitere zehn Milliarden Euro bereitstellen würde, das hat kurzfristig heute früh den Druck auf den Euro erleichtert. Der IWF selbst hat den Bericht nicht kommentiert.

Barroso hält sich im Hintergrund

EU-Kommissionspräsident Barroso zieht die Fäden hinter den Kulissen. EU-Diplomaten erzählen, dass er sehr oft mit Merkel, Sarkozy und Zapatero telefoniert in diesen Tagen. Mit öffentlichen Worten hält sich der Chef der höchsten EU-Behörde aber sehr zurück. Das trifft in Brüssel nur auf wenig Verständnis. Barroso halte sich zu sehr an die Buchstaben des Lissabonvertrages. Eine solch dramatische Situation würde eine Kompetenzüberschreitung rechtfertigen, meinen EU-Diplomaten, leider nur hinter vorgehaltener Hand. Laut EU-Vertrag halten die EU-Staaten den Ball in der Hand, Spielmacher ist Deutschland.

IWF, EZB und WB bei Merkel

In Berlin findet heute ein Krisentreffen zu Griechenland statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel diskutiert nicht nur mit ihrem Kabinett über die Griechenlandhilfe, sondern auch mit dem Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, dem Präsidenten der europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet und dem Vorsitzenden der Weltbank, Robert Zoellick. Deutschland soll ja den größten Anteil für die Griechenlandhilfe bereitstellen.

Mittagsjournal, 28.04.2010

Auch Banken und Versicherungen?

Es ist Feuer am Dach - daran gibt es mittlerweile keinen Zweifel mehr, auch nicht bei den Politikern aller Parteien. Aber die Kanzlerin verlangt konkrete Maßnahmen von Griechenland und will die kolportierten 8,4 Milliarden Euro nicht einfach so auf den Tisch legen. Außerdem werden immer mehr Stimmen laut, die verlangen, dass sich auch Banken und Versicherungen an der Hilfe beteiligen sollen. So eine gewichtige Stimme kommt etwa aus der Partei der Kanzlerin selbst, von Volker Kauder, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU.

Großeinsatz der Finanzfeuerwehr

Denn Griechenland ist mit rund 40 Milliarden Euro bei deutschen Investoren verschuldet. "Und wenn wir Griechenland nicht stabilisieren können, haben wir das nächste Problem", meint etwa der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann. Deshalb wird Merkel auch mit den Bankmanagern sprechen. Die Verhandlungen über die Griechenlandhilfe könnten durchaus länger dauern. Geht es dabei doch um einen Großeinsatz der Finanzfeuerwehr.