TV-Debatte verloren, Rennen weiter offen
Debakel für Brown setzt sich fort
Bei der letzten Fernsehdebatte vor der Parlamentswahl in Großbritannien hat Premierminister Gordon Brown Fehler eingeräumt. Er bezog sich auch auf den verbalen Ausrutscher gegenüger einer Labour-Wählerin. Dennoch blieb Brown klarer Verlierer der Debatte: Laut Umfragen gewann der Konservative David Cameron vor dem Liberalen Nick Clegg.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal 30.04.2010
Spannender Wahlkampf
Am nächsten Donnerstag wählt Großbritannien ein neues Parlament. Und was als nicht besonders aufregende Auseinandersetzung begonnen hat, ist inzwischen laut Einschätzung britischer Politologen zum spannendsten Wahlkampf seit mehr als 50 Jahren geworden. Das Ergebnis wagt kaum ein Meinungsforscher zu prognostizieren: Die 13 Jahre lang oppositionellen Konservativen werden zwar voraussichtlich die meisten Stimmen bekommen, doch ob sie auch die meisten Mandate erringen, ist offen. Denn Sieger nach Mandaten könnte auch wieder Labour werden, obwohl sie nach Stimmen in den Umfragen inzwischen an die dritte Stelle zurückgefallen sind. Und zum Königsmacher könnten letztlich die bis vor kurzem kaum beachteten Liberaldemokraten werden, die in der Wählergunst in den letzten zwei Wochen enorm zugelegt haben. Das Rennen ist also noch nicht entschieden – und um viel ging es daher gestern Abend in der dritten und letzten Fernsehdebatte der Parteiführer.
Browns Fehltritt
Für die drei Spitzenkandidaten ist die Debatte die letzte Chance, sich vor einem Millionenpublikum doch noch einen Vorsprung in diesem äußerst knappen Rennen zu sichern. Und tatsächlich geht es diesmal lebendiger zu als in den ersten beiden Diskussionen. Die Angriffe fallen schärfer aus. Premierminister Labour-Chef Gordon Brown kann sich freuen: Einen ganzen Tag lang hat das ganze Land nur über seinen Fehltritt gegenüber einer älteren Wählerin geredet. Brown hatte sie vor laufendem Mikrofon als "engstirnig" bezeichnet, nachdem sie über Einwanderer aus Osteuropa geklagt hatte. Doch nun geht es endlich um etwas anderes.
Brown sieht sich krisenfest
Die Wirtschaft ist das Hauptthema der Debatte, und Brown präsentiert sich als jener Mann, der Großbritannien sicher durch die Krise geführt hat. "Wenn Sie, David, jetzt aus ideologischen Gründen Geld aus der Wirtschaft nehmen", greift Brown die Sparpläne des konservativen Spitzenkandidaten David Cameron an, "dann gefährden Sie die Erholung. Wenn Sie die Fehler der 30er-Jahre wiederholen, dann verlieren Sie Arbeitsplätze, Wachstum, Betriebe. Man muss die Wirtschaftserholung stützen, bis sie unumkehrbar ist", so Brown.
Allgemeiner Streit über Sparmaßnahmen
Der Premier als vertrauenswürdiger Wirtschaftslenker – ein Bild das Cameron sofort in Frage stellt: "Die Menschen haben die vergangenen 13 Jahre nicht vergessen. Dieser Premier und diese Regierung haben unsere Wirtschaft in ein derartiges Chaos gestürzt, dass uns für dieses Jahr nun ein höheres Budgetdefizit prognostiziert wird als Griechenland." Brown und Cameron streiten recht allgemein über Sparmaßnahmen und neue Steuern. Der von Experten in den letzten Tagen vehement vorgebrachten Forderung, die Parteien sollten endlich im Detail verraten, wo sie den Sparstift ansetzen werden, um das Defizit in den Griff zu bekommen, kommen sie aber erneut nicht nach.
Clegg als Alternative
Der in den vergangenen Debatten so erfolgreiche Parteichef der Liberaldemokraten, Nick Clegg, steht in dieser Diskussion zuerst am Rande, kann sich dann aber mit Vorschlägen einbringen, die den anderen beiden wohl zu radikal sind: "Es klingt drakonisch, aber es ist nun notwendig: Für Bankdirektoren sollte es keine Boni welcher Art auch immer mehr geben." Erneut positioniert sich Clegg als Kandidat für all jene, die genug von jenen beiden Parteien haben, die in Großbritannien seit Jahrzehnten abwechselnd regieren.
Thema Einwanderung
"Es gibt ein Problem. Ich habe es nicht geschaffen, sie haben es nicht geschaffen. Die da haben es geschaffen, es waren Regierungen der Konservativen und von Labour, die dieses Chaos verursacht haben." Das Chaos, von dem Clegg spricht, ist das Einwanderungssystem. Womit das Thema, das laut Umfragen mehr als ein Drittel der Briten beschäftigt und um das es ja auch bei dem Ausrutscher von Brown vom Vortag gegangen ist, doch auf dem Tisch ist.
Keine endgültige Entscheidung
Die Diskussion wird heftig, doch der britische Grundkonsens bleibt bestehen: Von keinem der Führer der größeren Parteien sind ausländerfeindliche Worte zu hören. Erste Blitzumfragen nach der Debatte ergeben, dass David Cameron dieses Mal am überzeugendsten war. Doch ein vernichtender Schlag, da sind sich alle Wahlkampf-Experten einig, ist keinem der drei Parteiführer geglückt. Womit das Rennen auch weiter nicht entschieden ist.