Um die Finanzmärkte zu beruhigen

Spanische Regierung beschließt Arbeitsmarktreform

Die EU-Kommission und die spanische Regierung dementieren Gerüchte über einen bevorstehenden Ruf nach EU-Finanzhilfe. Zugleich tut Ministerpräsident Zapatero alles, um die Märkte zu beruhigen. Nach einem Sparpaket, das 15 Mrd. Euro bringen soll, wird heute in Madrid die Reform des Arbeitsmarktes verabschiedet.

Morgenjournal, 16.06.2010

Krisen-Puzzle

Die Reform des Arbeitsmarktes ist ein weiterer Mosaikstein im Krisen-Puzzle, das der sozialistische Premierminister unter dem Druck der Finanzmärkte zusammensetzen muss. Vor dem Hintergrund der sinkenden Kreditwürdigkeit Spaniens stemmt sich der Regierungschef gegen Gerüchte, die einen Staatsbankrott vorhersagen.

Unternehmerfeindliche Bestimmungen

Eine Reform des Arbeitsmarktes war von internationalen Fachleuten immer wieder gefordert worden. Laut Internationalem Währungsfonds wird die Wettbewerbsfähigkeit des Landes durch die strengen Auflagen beschränkt. Die negative Entwicklung Spaniens, das die höchsten Arbeitslosenraten in der Euro-Zone verzeichnet, wird mit unternehmerfeindlichen Bestimmungen begründet, die zum Teil auf die Zeit der Franco-Diktatur zurückgehen.

Geringere Abfindungen

Der starre Kündigungsschutz lässt viele Arbeitgeber zögern, wenn es um die Anstellung von neuen Kräften geht. Das soll sich ändern: Unternehmen, die in Schwierigkeiten geraten sind, werden in Zukunft bei Kündigungen geringere Abfindungen zahlen. Wenn der Betrieb nachweist, dass sechs Monate in Folge Verluste geschrieben wurden, erhalten die Angestellten im Fall einer Kündigung 20 Tage Gehalt pro Dienstjahr. Bisher müssen 45 Tage Abfindung bezahlt werden. Infrastrukturminister Jose Blanco sagt: "Der Arbeitsmarkt wird flexibler werden; Ziel ist es, dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen."

Regierungsbeschluss ohne Sozialpartner

Der Ministerrat wird nach ergebnislos verlaufenen Verhandlungen der Sozialpartner heute die Reform des Arbeitsmarktes beschließen – rechtzeitig vor dem morgen beginnenden EU-Gipfel. In Brüssel will Zapatero den Skeptikern das zweite Standbein für die von ihm in Aussicht gestellte Erholung der spanischen Wirtschaft präsentieren. Er hält das Ziel, in drei Jahren das Defizit wieder unter der Drei-Prozent-Marke zu konsolidieren, für erreichbar.

Mehrheit im Parlament wacklig

Vorher muss die Reform des Arbeitsmarktes allerdings im Parlament angenommen werden. Das Sparpaket der Minderheitsregierung war Anfang Juni mit nur einer Stimme Mehrheit verabschiedet worden. Deshalb bemüht sich Zapatero um eine möglichst breite Zustimmung für die Arbeitsmarktreform. Die scheint nach den Zusagen einiger Parteien möglich. Ein katalanischer Abgeordneter gibt sich kryptisch. "Im Plenarsaal haben wir drei Knöpfe zur Auswahl. Einer, der Zustimmung bedeutet, der zweite steht für ein Nein und ein dritter für die Stimmenthaltung. Alles ist offen."

Landesweiter Protest

Die Antwort der Arbeitnehmer auf die Lockerung des Kündigungsschutzes ist hingegen bereits fix. Die großen Gewerkschaften des Landes rufen zum Generalstreik. Nach der geringen Beteiligung der Beamten an einem Streik in der vergangenen Woche, wollen sie ihren Protest diesmal besser vorbereiten. Erst nach dem Sommer soll es zum landesweiten Ausstand kommen.