Russische Exportsperre wirkt nach innen

Hohe Getreidepreise: Experten entwarnen

Die Dürre in Russland und das russische Exportverbot für Weizen hat den Getreidepreis zuletzt extrem steigen lassen. Weltbank und UNO warnen schon vor Versorgungsengpässen und einer Neuauflage der Nahrungsmittelkrise wie vor zwei Jahren. Heimische Agrarexperten sehen die Lage nicht ganz so dramatisch.

Mittagsjournal, 11.08.2010

Signal nach innen

Russland ist weltweit der drittgrößte Weizenexporteur, das Exportverbot war daher ein Schock und hat den Weizenpreis nach oben getrieben. Doch Russland wird diese Maßnahme nicht lange durchhalten, glaubt Agrarhandelsexperte Ernst Gauhs: Denn das sei "eindeutig ein Signal nach innen, dass die Preise nicht übermäßig ansteigen sollen". Ähnliches habe man schon in der Saison 2007/2008 gesehen, damals sei Russland dann auf unverkauften Beständen gesessen.

Spekulation überschätzt

Die Preisschwankungen werden aber weitergehen, denn die Getreidevorräte sind derzeit weltweit gering. Das treibt auch die Spekulation an, doch die Rolle der Spekulanten sollte nicht überschätzt werden, meint Agrarexperte Franz Sinabell vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Er erinnert an die extrem hohen Rohstoffpreise vor zwei Jahren: Akteure, die nicht unmittelbar mit dem Rohstoff zu tun hatten, hätten damals zwar eine Rolle gespielt, aber keine so große wie allgemein angenommen. Spekulanten könnten einen Trend verstärken, aber nicht auslösen, meint Sinabell. Er ist auch gegen ein Verbot von Rohstoff-Spekulationen.

Bedingter Profit für die Bauern

In Europa drohe derzeit zwar keine Krise, doch die Zeiten seien, denen die Lebensmittel einen immer geringeren Anteil an den Haushaltskosten ausmachen, sagt der Agrarexperte. Für die heimischen Bauern sind die hohen Preise derzeit ein gute Nachricht, meint Agrarhandelsexperte Gauhs. Das heftige Auf und Ab bedeute aber zugleich ein hohes Risiko für die Bauern. Deshalb seinen professionelle Partner bei der Vermarktung wichtig - so bekommen die Bauern zum Beispiel von der Lagerhaus-Organisation für ihr Getreide zunächst eine Anzahlung, und später Nachzahlungen, wenn die Weltmarktpreise weiter gestiegen sind. Allerdings steigen nicht nur die Getreidepreise, sondern auch Dünger- und Treibstoffkosten, und das macht einen Teil des Preisvorteils wieder zunichte, geben beide Experten zu bedenken.