Experte kritisiert Integrationspolitik
"Bessere Bildung für Migranten"
Mehr in die Bildung von Migrantinnen und Migranten in Österreich investieren. Das fordert der Bevölkerungsexperte Wolfgang Lutz beim "Europäischen Forum Alpbach", wo sich Experten mit den Themen Arbeit und Migration beschäftigen. Denn Menschen sind der Reichtum eines Staates, so Lutz.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 24.08.2010
Bildung bringt Wohlstand
Bessere Bildung - das gilt dem Bevölkerungsexperten Wolfgang Lutz als Schlüssel für viele Herausforderungen: Je höher die breite Masse der Bevölkerung gebildet ist, desto besser für Wohlstand, für Gesundheit und für die Wirtschaft bzw. die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Das zeigen Studien immer wieder, sagt Lutz. Er ist Direktor des Instituts für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Potential nicht ausgeschöpft
Lutz relativiert eine gängige These: Nicht aus demografischen Gründen (Stichwort: Geburtenrate) brauchen wir Zuwanderung, es komme auf die Bildung an, meint er. Für Menschen, die bereits im Lande sind "müssen wir uns besonders anstrengen", meint Lutz, denn viele der Migranten und Migrantinnen in Österreich seien relativ schlecht ausgebildet: "Da müsste es oberste Priorität sein, diese Menschen besser in den Bildungsprozess zu integrieren und in weiterer Folge auch in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft. Denn das ist ein Potential, das wir nicht ausgeschöpft haben."
Rot-Weiß-Rot-Card: erster Schritt
Geht Österreich richtig mit Migrantinnen und Migranten um? Nein, meint der Bevölkerungswissenschafter. Vieles lasse sich verbessern: "Die wichtigste Priorität derzeit sollte sein, eine bessere Förderung der im Land befindlichen Migranten."
Die aktuellen politischen Debatten - Stichwort Rot-Weiß-Rot-Card - deutet Lutz als Bewegung: weg von reiner Quotenregelung hin zu einer Regelung nach Qualifikationsniveau. "Ein wichtiger und guter, erster Schritt", kommentiert der Bevölkerungsexperte.
Die bösen, bösen Ausländer
Investieren in Menschen, die da sind - beginnend bei den Kindern - allerdings ohne Zwang: "Wenn man mehr höher qualifizierte Menschen ins Land lässt, dauert es sehr lang, bis die Qualifikation der Gruppe der bereits im Land befindlichen erhöht wird." Daher wäre es effizienter, eine Bildungsoffensive für Migranten zu starten.
Hier beim Europäischen Forum Alpbach hat die Wirtschaftskammer übrigens Folder aufgelegt mit dem Titel "Das Märchen von den bösen, bösen Ausländern" - darin werden gängige Klischees zerpflückt und ihnen beispielsweise entgegengehalten, dass durch weniger Zuwanderung Arbeitskräfte fehlen würden und dass Zuwanderung zu keiner Verdrängung am Arbeitsmarkt führe.