Zweifel an Lösungskompetenz der USA
Politologe dämpft Hoffnungen
Der israelische Politologe Shlomo Avineri dämpft die Hoffnungen bei den Nahost-Gesprächen in Washington. Dass man einen nationalen Konflikt von außen lösen könne, sei vollkommen illusorisch, sagt er im Ö1 Interview. Das Engagement der USA lässt Avineri unbeeindruckt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 02.09.2010
Bestenfalls "Konfliktmanagement"
Der Nahostkonflikt sei ähnlich wie jene auf Zypern, um den Kosovo und Bosnien, sagt Avineri am Rande des Europäischen Forums Alpach. Und in keinem dieser Fälle sei bis heute eine Lösung gefunden worden, dafür aber immerhin "Konfliktmanagement": Waffenstillstand, Vertrauensbildung. Das könnte vielleicht auch im Nahen Osten der Fall sein, stellt der Politologe in Aussicht.
"Impotente" Amerikaner
Überlegungen, dass die USA Israel mit Druck zum Nachgeben zwingen könnten, hält Avineri für "Quatsch". Amerika sei "impotent", Konflikte im Nahen Osten, am Balkan zu lösen. Sein Argument: "Den USA ist es nicht gelungen, die griechisch-zypriotische Regierung, die sicher schwächer ist als die israelische, dazu zu bringen, dass sie den Annan-Plan akzeptiert."
Kluft zu tief
Netanjahu sei an einem positiven Abschluss der Verhandlungen interessiert, und wenn das auch ein Abkommen sei, das die Palästinenser nicht akzeptieren könnten, so Avineri. Beide Seiten hätten unüberbrückbare Positionen. Schon zwischen der früheren gemäßigten Regierung Olmert und der gemäßigten palästinensischen Führung sei die Kluft zu tief gewesen - bezüglich der Punkte Grenzen, jüdische Siedler, palästinensische Flüchtlinge und Jerusalem. "Und ich sehe nicht, dass die Situation jetzt besser als vor zweieinhalb Jahren."
Palästinenserstaat und Frieden
Die Lösung wäre "paradoxerweise" möglicherweise einfacher, wenn die Palästinenser ihre Ankündigung wahrmachen sollten, und bei einem Scheitern der Verhandlungen einen eigenen Staat ausrufen würden, meint Avineri. Es wäre dann nicht mehr nur ein Konflikt zwischen einer israelischen Okkupation und einem unterdrückten palästinensischen Volk. Das wichtigste wäre aber aus der Sicht Avineris, dass Palästinenserpräsident Abbas (Abu Masen) Frieden unter den Palästinensern, mit der Hamas, schafft.
Shlomo Avineri war Generaldirektor des israelischen Außenministeriums und arbeitet nun als Politikwissenschaftler an der hebräischen Universität von Jerulsalem.
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