Kims Sohn zum General ernannt

Machtwechsel in Nordkorea eingeläutet

Die Zeichen für einen baldigen Machtwechsel in Nordkorea werden immer deutlicher. Staatschef Kim Jong-il hat seinen jüngsten Sohn Kim Jong-un zum General gemacht und scheint damit die Machtübergabe eingeläutet zu haben. Der bislang völlig unbekannte Sohn dürfte zudem eine wichtige Position innerhalb der Regierung erhalten.

Morgenjournal, 28.09.2010

Mit einem Federstrich zum General

In Nordkorea beginnt heute die erste große Parteiversammlung seit dreißig Jahren. Wie sie einberufen wurde, kann man erahnen. Da es seit Jahrzehnten keinen Parteitag gegeben hat, dürften das Politbüro, das Zentralkomitee und all die anderen Parteigremien, die eigentlich eine Wahl erfordern, mittlerweile ziemlich dezimiert und funktionslos sein. Aber das hat ohnehin keine Bedeutung in der kommunistischen Dynastie. Mit einem Federstrich hat Staatschef Kim Jong-il gestern seinen jüngsten Sohn Kim Jong-un sowie seine Schwester und einen alten Vertrauten der Familie zu Generälen gemacht.

Kims Sohn für hohen Parteiposten vorgesehen

In einem Land, das sich vor allem über seine militärische Stärke definieren will, ist das ein klares Indiz dafür, dass der Sohn auch für eine hohe Parteifunktion vorgesehen ist. Offiziell dürfen das noch Delegierte absegnen, deren genaue Zahl man auch nicht weiß. Das nordkoreanische Fernsehen hat gestern die Ankunft unzähliger Herren in grauen Anzügen und weniger Frauen in traditionellen Kleidern am Bahnhof von Pjöngjang gezeigt.

Pjöngjang für Parteitags-Probe gesperrt

Die Hotels in der Stadt sind voll belegt, erzählt Manfred Trummer, der Chefrestaurator des Museums für Angewandte Kunst in Wien. Er hat gerade die Bilder der jüngsten Ausstellung in Wien nach Nordkorea zurückgebracht. Fast eine Woche war er dort. Die ganze Stadt rüste sich vor allem für die Parade zum 65. Gründungstag der Partei am 10. Oktober. Am Sonntag wurde mit schwerem Gerät und unzähligen Statisten geprobt. Gestern seien Teile der Stadt gesperrt worden. Dennoch sei der jüngste Sohn des Staatschefs nie ein Thema gewesen, erzählt Trummer: "Ich habe nichts von ihm wahrgenommen. Die Menschen sprechen nicht darüber."

Gerüchte über Krankheit des Staatschefs

Dass die Propaganda zugunsten des Sohnes noch nicht begonnen hat, ist ungewöhnlich im nordkoreanischen System. Es könnte ein Indiz dafür sein, dass der Gesundheitszustand des Diktators so schlecht ist, dass schnelles Handeln erforderlich wurde. Südkoreanische Medien spekulieren darüber, dass das Parteitreffen, das eigentlich schon Anfang September hätte stattfinden sollen, wegen Gesundheitsproblemen Kim Jong-ils verschoben worden ist.

Wer ist Kim Jong-un?

Und auch nur spekulieren kann man über den kommunistischen Kronprinzen: Über Kim Jong-un ist eigentlich noch immer nichts bekannt. Er soll Ende zwanzig, in der Schweiz zur Schule gegangen sein und seinem Vater ähneln. Letzteres meint zumindest der ehemalige Sushi-Koch der Kims. Fotos von ihm gibt es nicht. Ebenso wenig weiß man freilich, für welche Politik er steht. Vergangenen Monat soll er seinen Vater auf eine China-Reise begleitet haben. Aber auch das ist unbestätigt. Wenn Kim Jong-un aber jetzt wirklich zum künftigen starken Mann des Landes aufgebaut wird, sollte man zumindest eine Information erwarten dürfen: dass man endlich erfährt, wie er eigentlich aussieht. Und vielleicht auch, wie alt er ist. Das würde die äußere Ordnung eigentlich auch in Nordkorea gebieten. Das heißt, wenn beim Parteitreffen alles nach Plan geht.

Mittagsjournal, 28.09.2010