Volksbefragungs-Idee findet Anklang
Wehrpflicht: SPÖ hinter Häupl-Vorstoß
Eine Volksbefragung zur Wehrpflicht fordert Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl in einem Interview mit der Kronenzeitung (Dienstag-Ausgabe). Ein Thema, mit dem der wahlkämpfende Häupl gehörig Staub aufwirbelt, war doch die SPÖ immer klar für die Beibehaltung der Wehrpflicht - bis jetzt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 05.10.2010
Positives SPÖ-Echo
Die Front scheint zu bröckeln. Für Häupls Vorstoß gibt es breite Unterstützung unter den SPÖ-Genossen. Verteidigungsminister Norbert Darabos, Bundeskanzler Werner Faymann und Klubchef Josef Cap können der Idee, eine Volksbefragung zur Wehrpflicht abzuhalten, einiges abgewinnen.
Darabos nicht mehr "hundertprozentig"
So schnell kann es gehen: Noch Mitte September war Verteidigungsminister Norbert Darabos ein glühender Verfechter der Wehrpflicht. Darabos am 17. September im Ö1-Mittagsjournal: "Ich bin der hundertprozentigen Auffassung, dass die Mischvariante zwischen Berufssoldaten, Milizsoldaten und Grundwehrdienern die beste ist für einen neutralen Staat wie Österreich. Und wir werden mit diesem System und der Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht auch den Aufgaben im Katastrophenschutz und im Auslandseinsatz nachkommen können."
"Ohne Tabus"
Gestern Abend aber klang das schon ganz anders. In einer Aussendung meint der Verteidigungsminister, man sollte das Thema offen und ohne Tabus diskutieren. Und am Ende der Debatte soll auch eine Volksbefragung stehen.
Häupl: "Diskussion abschließen"
Zwischen diesen beiden Äußerungen liegt eine Forderung von Wiens Bürgermeister Michael Häupl. In der heutigen Ausgabe der "Krone" ist zu lesen: "Bei einem so wichtigen Thema wie der Wehrplicht muss man die Stimme des Volkes hören." Und Häupl gestern in der "Zib 2": "Ich fordere ja nicht die Abschaffung des Bundesheeres. Aber ich denke, dass man nun, nachdem Deutschland gleichfalls diese Diskussion führt und abzuschließen gedenkt, wir auch in Österreich einen Abschluss finden sollten." So Häupl, der bei der Wahl kommenden Sonntag um den Erhalt seiner Absoluten Mehrheit kämpft und dabei jegliche Unterstützung gut brauchen kann. Etwa die Unterstützung der "Kronen-Zeitung", die schon länger offensiv gegen die Wehrpflicht auftritt.
Cap für Befragung und Expertisen
Mit im Boot hat Häupl auf jeden Fall Bundeskanzler Werner Faymann. Der SPÖ-Chef bekundet am Abend über seinen Sprecher seine volle Unterstützung für Darabos und Häupl. Weder Darabos noch Faymann wollten jedoch ein Interview geben, und so liegt es an Klubchef Josef Cap, die aktuelle Linie der Bundes-SPÖ zu erläutern. Die Frage, ob er für eine Volksbefragung ist, beantwortet er so: "Ja, ich bin dafür." Schon bisher habe es im Zuge der Bundesheerreform einen "wachsenden Berufskern" im Bundesheer gegeben. Und insgesamt habe sich in Europa viel geändert. Und nun könne man über ein Modell nachdenken, in dem es diese Wehrpflicht nicht mehr gibt. "Da sollen die Experten einmal Expertisen vorlegen." Diese Expertisen sollen klären sei, welche Auswirkungen ein etwaiges Aus für die Wehrpflicht hätte.
Kein Wahlkampf-Trick?
Dass Michael Häupl mit seinem Vorstoß seine Chancen bei der Wahl kommenden Sonntag verbessern will, streitet Cap ab: "Ich glaube, dass er sich das reiflich überlegt hat. Wir wissen das er sich diesbezüglich schon seit längerem Gedanken gemacht hat, und er hat's halt jetzt präsentiert."
An sich wäre eine Volksbefragung zur Wehrpflicht - so sie stattfindet - rechtlich nicht bindend für die Regierung. Sollte die Regierung das Ergebnis trotzdem umsetzen, egal, wie es lautet? "Selbstverständlich, vor allem bei einer besonders repräsentativen Beteiligung" - worunter Cap um die 50 Prozent versteht. Stattfinden könnte eine solche Volksbefragung nicht vor dem kommenden Jahr, so der SPÖ-Klubchef.
Übersicht
- Verteidigung
- Wien-Wahl 2010