Ausstellung porträtiert den Literaturperformer

Die "Ernst Jandl Show" im Wien Museum

Ernst Jandl wäre heuer 85 Jahre alt geworden. Am 9. Juni 2010 hat sich sein Todestag zum zehnten Mal gejährt. Aus diesem Anlass erinnert jetzt eine Ausstellung im Wien Museum an den großen österreichischen Dichter.

Kultur aktuell, 03.11.2010

Selten sind Stimme und Dichtung so eng miteinander verbunden wie bei Ernst Jandl. Eindrucksvoll vorgeführt wird das jetzt in der "Ernst Jandl -Show". Unter diesen Titel gibt das Wien Museum einen Einblick in das Universum des Dichters und zeigt das Bild eines Autors, dessen lyrische Sprachvielfalt längst in die Alltagskultur eingegangen ist.

Ein multimedialer Künstler

"Jandl hat so viele Dimensionen. Er ist multimedial. Darum nennen wir das ja auch 'Show' und das Mikrofon und der Mund ist am Plakat. Es waren immer Laut-/Sprech-Gedichte. Es hat mit Hören zu tun. Es hat immer sehr viel mit Musik zu tun. Die Gedichte waren immer so gesetzt, dass sie zugleich Bilder ergeben. Und er hat auch gezeichnet. Er hat mit Musikern zusammengearbeitet. Er war ein Performer", listet Wolfgang Kos, Direktor des Wien Museums, auf.

All das zeigt jetzt das Wien Museum in elf Stationen: von der Kindheit Ernst Jandls über die Schulzeit am Schottengymnasium, Kriegsjahre als Soldat und in Kriegsgefangenschaft, frühe literarische Prägungen, die Zeit als Lehrer, das gemeinsame Schreibleben mit Friederike Mayröcker, Jandls Leidenschaft für die Musik und - auch in der Ausstellung allgegenwärtig - die Stimme.

Jandl begeisterte in London

Der Schauplatz: Die Royal Albert Hall in London. Man schrieb das Jahr 1965, erzählt Bernhard Fetz, der Kurator der Schau: "Als der in England damals völlig unbekannte Jandl vor 7.000 Zuhörerinnen und Zuhörern auftrat - vor Allen Ginsberg, dem Star des Abends - und Ginsberg dann bis zu einem gewissen Grad auch die Show gestohlen hat."

Wie man sich das Leben eines Popstars vorstellt - das hat mit dem Dichteralltag nur wenig zu tun. Hier ist immer wieder auch der Lehrer und der Bürokrat Ernst Jandl zu Gange - nachzulesen und zu schauen in dem Ausstellungskapitel "Listen des Alltags". Einkaufslisten, Gepäcklisten, Medikamentenlisten und Wäschezettel erzählen von dem mitunter verzweifelten Versuch, das Leben zu strukturieren und zu ordnen.

Kuriose Listen

"Da stehen so kuriose Dinge drauf wie 'Schwarzer Anzug (an)'. Das heißt den schwarzen Anzug, den hat er an, der muss nicht in den Koffer", erzählt Fetz. Weiters schrieb Jandl Einkaufslisten und Tageszettel, "wo er sich anstatt eines Tagebuchs jeden Tag notiert hat, was als Plan zu erledigen wäre und wo er dann am Abend abgehakt, was davon erledigt wurde - von Schuhe kaufen bis zu eine Stunde dichten."

Am Mittwoch, 3. November 2010 wird die "Ernst Jandl Show" im Wien Museum eröffnet. Begleitet wird sie von einem Symposium, von Konzerten, Theaterabenden und Performances. Eine erste Performance gibt es bereits am Freitag, 5. November 2010 im Radiokulturhaus - mit Christian Muthspiel und der Stimme von Ernst Jandl.

Textfassung: Rainer Elstner

Service

Wien Museum
radiokulturhaus.ORF.at - Schwerpunkt Ernst Jandl: "für und mit ernst"