Jetzt auch Gemeinden ab 10.000 Einwohnern
Mehr Prüfkompetenzen für Rechnungshof
Der Rechnungshof darf jetzt auch die Finanzen kleinerer Gemeinden prüfen. SPÖ, ÖVP und BZÖ haben beschlossen, dass Gemeinden schon ab 10.000 Einwohnern kontrolliert werden können. Bisher musste eine Gemeinde dafür mehr als 20.000 Einwohner haben.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 10.11.2010
BZÖ zieht mit
Bisher konnte das Oberste Kontrollorgan der Republik nur die Finanzen größerer Gemeinden ab 20.000 Einwohnern untersuchen. Künftig wird diese Grenze auf 10.000 gesenkt. Die Erweiterung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofes war vor allem eine langjährige Forderung der Opposition, nicht der Regierungsparteien. Für den Beschluss ist allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Nun haben sich SPÖ, ÖVP und BZÖ geeinigt - bis dahin war es ein langer Weg
Bisher 24 Gemeinden geprüft
Bisher durfte der Rechungshof nur 24 Gemeinden von fast 2.400 in ganz Österreich prüfen. Denn nur so viele gibt es, die mehr als 20.000 Einwohner haben. Allerdings war im Zuge der Finanzkrise der letzten Jahre deutlich geworden, dass es auch in kleineren Gemeinden grobe Missstände bei Anlage- und Verschuldungsgeschäften geben kann- mit Spekulationsverlusten in Millionenhöhe.
Moser für Budgetgrenze
Rechnungshofpräsident Josef Moser hat schon seit Jahren auf eine Erweiterung der Prüfkompetenzen seines Hauses gedrängt: und zwar nicht nach der Zahl der Einwohner als Kriterium, sondern - wenn schon nicht generell für alle Gemeinden-dann zumindest nach der Höhe des jeweiligen Budgets. Moser trat für eine Grenze von 10 Millionen Euro ein.
Zwei-Drittel-Mehrheit nötig
Auch alle drei Oppositionsparteien wollten die Prüfkompetenzen des Rechungshofes erweitern. Das entsprechende Zugeständnis der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben sie letztlich durch einen Kompromiss in einer ganz anderen Sache erreicht: als es im letzten Jahr darum ging, das Bankgeheimnis zu lockern, war eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament nötig. Die kam nur durch das Versprechen der Regierungsparteien zustande, dass der Rechnungshof mehr kontrollieren darf, unter anderem ging's damals auch um den Skylink-Flugterminal.
Länder und Gemeinden empört
Heftigen Widerstand gab es darauf hin von den Gemeinden und den Ländern: für Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer von der ÖVP war das Schaffen neuer Prüfungen wörtlich: weder sinnvoll noch effizient. Auch die Chefs der Landesrechnungshöfe -die ebenfalls Gemeinden prüfen können- gaben sich verärgert, als im Sommer schließlich der erste Gesetzes-Entwurf der Koalition vorlag. Die Landesrechnungshöfe wollen ihre eigenen Prüfkompetenzen erweitert sehen - nicht unbedingt die des Bundesrechnungshofes.
Jetzt 71 Gemeindeprüfungen
Herausgekommen ist nun ein Kompromiss: der Rechnungshof darf Gemeinden ab 10.000 Einwohnern prüfen - davon gibt es derzeit 71 in ganz Österreich. Das heißt: der Rechnungshof darf dreimal so viele Gemeinden wie bisher unter die Lupe nehmen, allerdings nicht so viele, wie sich das der Rechnungshof selbst und die Opposition ursprünglich gewünscht haben.
Und auch ausgelagerte Betriebe geprüft
Weiters können Landesregierungen den Rechnungshof mit der Prüfungen kleinerer Gemeinden pro Jahr beauftragen - aber nur höchstes zwei, die die Landesregierung selbst aussuchen kann. Weitere Prüfungen kleinerer Gemeinden in denen es möglicherweise Probleme gibt, sind dann nicht möglich.
Auch die ausgelagerten Betriebe von Gemeinden dürfen nun geprüft werden. Ein wichtiger Punkt, weil in solche Betriebe oft wesentliche Teile der Finanzkraft einer Gemeinde ausgelagert wurden - ohne wirksame Kontrolle. Eine Einschränkung bei der Prüfung der Gemeindeverbände - wie im ersten Entwurf noch abgedruckt - kommt nicht. Beschlossen werden sollen die entsprechenden Gesetzesänderungen in der Nationalratssitzung nächste Woche.
Drei Parteien dafür
Notwendig für die Ausdehnung der Rechnungshofkompetenzen ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament - diese kommt zustande, weil das BZÖ mit den Regierungsparteien stimmt. Den anderen beiden Oppositionsparteien FPÖ und Grüne geht der Regierungsvorschlag nicht weit genug - obwohl auch sie grundsätzlich stets die Erweiterung der Rechnungshofkompetenzen gefordert haben. SPÖ und ÖVP zeigen sich hingegen zufrieden mit dem eigenen Gesetzesvorschlag.
Mittagsjournal, 10.11.2010
FPÖ und Grüne dagegen, Katja Arthofer