Budgetrede im Nationalrat
Pröll spricht von "Zukunftspaket"
Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) hat im Parlament seine lange erwartete Budgetrede gehalten. Darin hat Pröll neuerlich die Sparpläne der Regierung im Familienbereich verteidigt. Es gebe keine Alternative zu diesem Gesamtpaket, das ein "Zukunftspaket" sei, so Pröll. Zuvor hatte der Ministerrat das Sparbudget beschlossen. Es sieht ein Defizit von 3,2 Prozent vor.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 30.11.2010
"Grundstein für Weg aus Schuldenfalle"
Österreich stehe besser da als viele andere Nationen in Europa, diese Botschaft bringt der Finanzminister gleich mehrmals in seiner etwa eineinhalb stündigen Rede an. Österreich habe eine der niedrigsten Arbeitslosenraten und liege auch bei der Neuverschuldung deutlich unter dem EU-Schnitt: "Wir können und sollen auch einmal stolz sein auf das, was wir in Österreich geleistet haben, wo wir heute mit diesem Land in Europa stehen. Auch das ist ein wesentlicher Punkt unserer politischen Arbeit."
Dennoch sei es auch in Österreich notwendig zu sparen, damit der Schuldenberg nicht noch mehr wachse und die Chancen für die Zukunft verbaue, sagt der Finanzminister: "Mit diesem Budget legen wir den Grundstein für den Weg aus der Schuldenfalle, ein solides Fundament für die Zukunft unseres Landes".
Keine Alternative zum Gesamtpaket
Für die Kritik am Sparpaket zeigt Josef Pröll Verständnis. Deswegen habe man in gewissen Bereichen auch Änderungen vorgenommen. "Deshalb haben wir in einigen Punkten Anpassungen vorgenommen. Als Grundsatz galt und gilt: Es gibt einzelne Punkte, über die man diskutieren kann. Aber es gibt keine Alternative zum Gesamtpaket."
Ganz konkret nennt Pröll dann die Familien. Die Regierung hat die Kürzung der Familienbeihilfen, und die Streichung des Mehrkindzuschlags teilweise zurückgenommen. Trotzdem bleiben Einschnitte bei der Förderung von Familien und indirekt bei Studenten, was der Finanzminister aber verteidigt: "Ich verstehe als Familienvater die Diskussion und die Kritik an den vorliegenden Maßnahmen. Trotzdem stehe ich dazu. Denn ich könnte es vor meinen Kindern nicht verantworten, ständig steigende Schulden und damit noch mehr Probleme in die Zukunft zu tragen."
"Hacklerregelung ist Auslaufmodell"
Auch die Einigung der Regierung beim Thema Pensionen verteidigt der Finanzminister. Obwohl der Großteil der Änderungen bei der umstrittenen Hacklerreglung erst ab dem Jahr 2014 greift. Dann wird das Zugangsalter angehoben und die Hacklerregelung soll nur sehr langfristig auslaufen: "Der für mich entscheidende Punkt, den wir in den Verhandlungen am vergangenen Wochenende erreicht haben: Die Hacklerregelung wird nicht ins Dauerrecht übernommen, sondern bleibt Übergangsrecht - und ist damit ein Auslaufmodell."
Beitrag der Länder eingefordert
Keine Änderungen bei den geplanten Kürzungen trotz Protesten gibt es im Pflegebereich: Der Zugang zu den Pflegestufen eins und zwei wird erschwert. Insgesamt sieht der Finanzminister aber im Thema Pflege eine der wichtigsten Herausforderungen: "Der Bund und ich, wir sind und bewusst, dass wir zur Lösung der Probleme unseren Beitrag zu leisten haben. Ebenso erwarte ich aber auch von den Ländern und den Betroffenen selbst die Bereitschaft, dazu beizutragen."
"Eigentumssteuern abgewehrt"
Neben den Einsparungen enthält das Budget 2011 auch eine Reihe von Steuererhöhungen und neuen Steuern, wie zum Beispiel eine höhere Mineralölsteuer und Tabaksteuer, aber auch eine neue Bankenabgabe und eine höhere Besteuerung von Stiftungen. Pröll grenzt sich hier vom Koalitionspartner ab, und betont, dass es ihm gelungen sei, Vermögenssteuern zu verhindern: "Ich habe daher Eigentumssteuern als Belastung für den Mittelstand und die arbeitenden Menschen in diesem Land abgewehrt. Eine Besteuerung der Vermögenssubstanz würde den Menschen ihr hart verdientes Geld aus der Tasche ziehen und Eigentumsbildung für den Mittelstand entsprechend verunmöglichen."
Insgesamt sei es der Regierung gelungen, mehr einzusparen als über Steuern hereinzuholen. 60 zu 40 war hier das Ziel, und das habe man sogar übertroffen, so Pröll. Allerdings gilt das nur, wenn man jenen Anteil, den die Länder von den Steuern, nicht dazu zählt.
Neuer Stabilitätspakt
Apropos Länder: Hier wird ja nach wie vor über eine neue Vereinbarung mit Sparvorgaben verhandelt. Kritiker werfen der Regierung vor, dass die Länder bisher so gut wie ungeschoren davongekommen sind. Pröll kündigt hier zwar Fortschritte in den nächsten Wochen an, bleibt aber vage: "Die Menschen erwarten mit Recht, dass wir die Strukturen unserer Republik modernisieren und zukunftsfit machen. Sie erwarten zu Recht, dass wir die Stärken eines modernen Föderalismus mit den Möglichkeiten einer sinnvollen Zentralisierung verbinden. Zunächst müssen wir gemeinsam mit den Ländern einen neuen Stabilitätspakt für Österreich schnüren. Ich bin zuversichtlich, dass wir noch vor Jahresende einen Schritt weiter sind."
Eigenlob
Ebenso wenig wie bei den Bundesländern habe die Regierung bisher bei der groß angekündigten Verwaltungsreform geschafft, sagen Kritiker. Das will Finanzminister Pröll so nicht stehen lassen. Und betont gleich mehrmals, was die Regierung hier schon jetzt alles erreicht habe. Zum Beispiel 2.000 Beamte weniger bis 2014, sagt Pröll und lobt sein eigenes Ministerium: "Mit dem Budget 2011 zeigt das Finanzressort die Fortsetzung konsequenter Personalpolitik und innovativer Reformen wie dem Personaltransfer. Alle reden von der Verwaltungsreform - wir leben sie."
Selbstkritik
Neben Eigenlob gibt es aber auch Selbstkritik in der Rede des Finanzministers. Die Regierung und auch er selbst habe nicht alle Hoffnungen erfüllen können: "2010 war auch ganz persönlich ein herausforderndes Jahr. Ich hatte mir durchaus für das Jahr 2010 viel vorgenommen, mehr als in einem Jahr in dieser Konstellation offensichtlich möglich ist. Bei der Umsetzung großer struktureller Reformen stehen wir noch am Anfang der Arbeit."
Sparen wie nie zuvor
Am Ende seiner Rede fasst der Finanzminister noch ein Mal die seiner Meinung nach wichtigsten Punkte zusammen: "Wir sparen so viel wie keine Bundesregierung zuvor: 8,1 Milliarden in den Ausgaben bis 2014. Und weil wir so viel sparen, können wir uns 4 Milliarden Euro an Zinsen ersparen. Und wir investieren 1,6 Milliarden in unser Zukunftspaket."
Insgesamt ist das Budget 2011 für Josef Pröll eine wichtige Weichenstellung des Landes. Auch wenn es im Parlament darüber noch harte Diskussionen geben werde.
Transparenzdatenbank und Raser
Neben der Budgetrede gab es im Parlament auch den Beschluss der langdiskutierten Transparenz-Datenbank. Die soll einen Überblick über alle Förderleistungen des Staates geben, von der Mindestsicherung bis zum Kindergartenplatz. Die Datenbank soll im September nächsten Jahres in Betrieb gehen.
Bei hohen Geschwindigkeitsübertretungen wird nun der Führerschein länger entzogen. Bisher gilt: wer im Ortsgebiet 40 Stundenkilometer und außerhalb 50 Stundenkilometer über dem Tempolimit liegt, muss mit höchstens 2 Wochen Führerschein-Entzug rechnen. Künftig kann der Führerschein bis zu einem halben Jahr eingezogen werden, je nachdem, wie stark die Tempo-Überschreitung war und wie gefährlich die Verhältnisse dabei.
Banken-Boni und Stromanbieterwechsel
Strenger wird es auch für Bank-Manager: der Nationalrat hat Neuregelungen für die bei Banken üblichen Bonus-Zahlungen beschlossen. Ab nächstem Jahr dürfen diese Boni nur mehr zu 60 Prozent sofort ausbezahlt werden. Für den Rest gilt eine Wartefrist von 5 Jahren, in denen sich zeigen muss, ob es der Bank wirtschaftlich gut geht und sich das Unternehmen die Zahlung überhaupt leisten kann. Das soll verhindern, dass Manager riskante Geschäfte zum Schaden der Bank abschließen, nur um selbst zu profitieren.
Beschlossen werden außerdem Erleichterungen für Stromkunden: wer seinen Anbieter wechseln will, muss nicht mehr eine Kündigungsfrist von acht Wochen einhalten, sondern nur mehr von drei. Auch die Spesen, die Anbieter für einen Wechsel verrechnen dürfen, werden auf 30 Euro beschränkt - bisher sind sie in Einzelfällen mehr als doppelt so hoch.
Weitere Beschlüsse sind unter anderem eine neue Kronzeugen-Regelung etwa in Korruptionsverfahren. Und Österreichern, die sich in sogenannten Terrorcamps ausbilden lassen, drohen künftig bis zu fünf Jahre Haft.