Premier kündigt Rückzug an
Tunesien: Trauer und Proteste
In Tunesien verspricht der interimistische Regierungschef Mohammed Ghannouchi sich nach den Wahlen aus der Politik zurückzuziehen. Mit diesem Zugeständnis will Ghannouchi die Situation beruhigen. Denn auch nach Beginn der dreitägigen Staatstrauer für die Opfer des Aufstandes kommt es in der Hauptstadt Tunis nach wie vor zu Demonstrationen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 22.01.2011
Proteste gehen weiter,
Alte Elite weiter an der Macht
Die Tunesier wollen sich abreagieren, ihre neue Freiheit auskosten. Seit Tagen demonstrieren sie dagegen, dass ehemalige Vertraute des gestürzten Präsidenten Ben Ali der künftigen Regierung angehören. "Ghannouchi raus, Ghannouchi raus", fordert diese Demonstrantin, wie so viele ihrer Landsleute traut sie der Übergangsregierung nicht, denn die alte Elite ist keineswegs verschwunden, sie besetzt die Schlüsselressorts im neuen Kabinett von Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi, der ebenfalls ein treuer Vasall des gestürzten Präsidenten Ben Ali war. Aber Ghannouchi zeigt sich einsichtig, er will die Konsequenzen ziehen, und den Zorn der Straße besänftigen.
Demokratische Wahlen versprochen
In einem Fernsehinterview verspricht der Regierungschef die Abschaffung aller undemokratischen Gesetze, die unter dem früheren Regime eingeführt wurden, er stellt demokratische und transparente Wahlen in Aussicht und kündigt schließlich sogar seinen Rücktritt an, nach den Wahlen wohlgemerkt. Tunesien habe genug fähige und kompetente Leute er selbst werde nur vorübergehend die Verantwortung tragen.
Gründe für seinen Rückzug nennt Ghannouchi nicht, und er sagt auch nicht, wann die Wahlen abgehalten werden sollen. Aber Ghannouchis Versprechen ist ein erster Schritt, eine Art Garantie, dass das alte Regime bereit ist, den Platz zu räumen, für neue Vertreter des Wandels.
Mittagsjournal, 22.01.2011
Jugendarbeitslosigkeit war Auslöser, Hafedt Ateb, tunesischer Kommunikationswissenschafter im Gespräch mit Lucien Giordani