Aufgaben mit anderen Ländern teilen?
Wehrpflichtdebatte wird zur Neutralitätsfrage
Ein neuer Schauplatz in der Heeres-Debatte tut sich auf. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hatte vorgeschlagen, man könne einzelne Aufgaben des Militärs im Verein mit benachbarten Ländern durchführen. Die ÖVP kontert: das käme einer Aufgabe der Neutralität gleich und bedürfte einer Volksabstimmung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.02.2011
ÖVP fürchtet um Neutralität
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hat in der Vorwoche eine mitteleuropäische Kooperation in Verteidigungsfragen angeregt, der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Hannes Swoboda hat ihn unterstützt: es dürfe keine Berührungsängste mit der Nato geben. Alarm, ruft jetzt die ÖVP - das käme einer Aufgabe der österreichischen Neutralität gleich und bedürfe einer Volksabstimmung. Und bei so weitreichenden Überlegungen könnte man wohl auch kaum bis Ende Februar die neue Sicherheitsdoktrin zu Ende verhandeln.
Darabos: Garantiere jetzigen Status
Alles so nicht richtig, beeilt sich heute Verteidigungsminister Norbert Darabos, SPÖ, klarzustellen. Er denke gar nicht daran, die Neutralität aufzugeben, im Gegenteil. Darabos sagt, er sei ein Garant dafür, dass der Neutralitätsstatus beibehalten wird. Die Wehrpflichtdebatte habe nichts mit der Neutralität Österreichs und dem klaren Nein zu einem Nato-Anschluss zu tun, so Darabos. Kooperationen mit der Nato gebe es auch bisher schon, gemeinsame Übungen und Auslandseinsätze hätten aber die Neutralität nicht gefährdet. Warum also die Befürchtungen der ÖVP? Der Verteidigungsminister hat dafür folgende Erklärung: es seien Tricks um die Debatte zur Wehrpflichtabschaffung zu desavouieren.
FPÖ: Darabos lügt
Für FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache klingen diese Erklärungen nicht glaubwürdig. Norbert Darabos ist für ihn der Unwahrheit überführt: maßgebliche SPÖ-Politiker hätten sich bereits für eine Nato-Kooperation ausgesprochen, was durchaus auch manchem ÖVP-Politiker entgegenkomme. Strache lehnt das entschieden ab.
BZÖ: Verlogene Debatte
Als verlogen bezeichnet das BZÖ die gesamte Diskussion. Durch diverse EU-Verträge sei die Neutralität längst abgeschafft, BZÖ-Chef Josef Bucher fordert klare Worte und den Beitritt Österreichs zur NATO: wer ja zum Berufsheer sage, sage ja zu einem Militärbündnis, und wer ja sage zu einem Militärbündnis, sage ja zur Nato - damit sei für das BZÖ klar, dass die Neutralitätsdebatte aufzuhören habe. Und über den NATO-Beitritt Österreichs sei eine Volksabstimmung abzuhalten.
Grüne: Ablenkungsmanöver
Die Grünen wollen die ganze neue Facette der Heeres-Diskussion nicht besonders ernst nehmen. Vizeparteichef Werner Kogler sieht in dem Disput über Nato und Neutralität nur ein bemühtes Ablenkungsmanöver der ÖVP.
Pröll nicht erreichbar
ÖVP-Obmann Josef Pröll war Mittwoch Vormittag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
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