ÖVP will noch Gespräche
Aus für Sitzenbleiben: Bitte warten
Das Aus für das Sitzenbleiben in der Oberstufe ab 2012 ist doch noch nicht fix. Die ÖVP setzt nach der Ankündigung von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) vorerst einmal auf Abwarten; sie pocht noch auf weitere Gespräche.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.02.2011
Schmied: Einigung
Von einer definitiven Einigung, auf Punkt und Beistrich kann keine Rede sein. Auch wenn Ministerin Claudia Schmied heute Nacht in der Zib 24 auf die Frage, ob sich die Regierung bereits definitiv auf das Abschaffen des Sitzenbleibens geeinigt hat, geantwortet hat: "das stimmt".
Karl: Gespräche fehlen
Die Reaktion von ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl, auf Dienstreise im fernen Indonesien kam prompt: Die dazu notwendigen Gespräche mit dem Koalitionspartner habe es noch nicht gegeben. Aber wenn Schmied einen konkreten Vorschlag vorlege, sei man zu Gesprächen bereit mit dem Ziel einer Einigung.
Schmied: Gemeinsames Ziel
Die Einigung ist also aus ÖVP-Sicht noch ein Ziel, und - der sprachlichen Logik folgend - daher noch nicht erreicht. Bildungsministerin Claudia Schmied wiederum will dieser Sprachlichen Logik nicht folgen: man habe sich auf das gemeinsame Ziel geeinigt. Und natürlich werde sie jetzt die legistischen Konzepte vorlegen.
Sitzenbleiben als letztes Mittel
Den Fragen, ob sie sich von ihrer Ministerkollegin Schmied überrumpelt fühle, weicht Miniserin Karl übrigens Wortreich aus. Differenzen gibt es auch noch, was das Inhaltliche betrifft. Abschaffen, heißt ja wohl: Die Zahl der Sitzenbleiber auf Null reduzieren. Das aber hat Ministerin Karl nach wie vor nicht vor: Als letztes Mittel will sie Sitzenbleiben behalten wissen. Nach dem ÖVP-Bildungskonzept sollte Sitzenbleiben nur mehr das letzte Mittel sein. Es müsse alles dazu getan werden, dass das nicht geschieht und dazu müssten gezielte Fördermaßnahmen aufgebaut werden.
Schmied relativiert etwas
Also, ein paar werden nach ÖVP-Meinung letztlich schon noch sitzenbleiben müssen. Ein Argument, das die Unterrichtminister zu folgender Aufforderung an den Journalisten bewegt: sie sollten keine Unterschiede konstruieren, wenn es keine gebe. Es sollte künftig zu einem Kurssystem kommen, Sitzenbleiben sei nicht der richtige Weg.
Und letztlich relativiert Ministerin Schmied auch aus eigenem wieder die dicken Schlagzeilen vom Abschaffen des Sitzenbleibens. Dazu noch ein Ausschnitt aus dem Telefoninterview: die Umstellung sollte auf Basis einer Semesterbetrachtung erfolgen. Die Aussage von Ministerin Karl besage, Sitzenbleiben als letzte Option, damit einzelne Leistungsdifferenzen nicht zu groß werden, sprich ein allzu großes Auseinanderklaffen des Niveaus.
Trotzdem: Umstellung soll starten
Also, einiges an sprachlicher Verwirrung in Sachen Einigung oder Zielsetzung, Abschaffen, oder Fast Abschaffen. Präzision ist auch in Sachen Ziel-Zeitplan geboten: Von einer flächendeckenden Umstellung schon im Herbst nächsten Jahres war nicht, die Rede, sondern von einem Beginn der Einstellung, drei vier Jahre für die Gesamte Umstellung bei den AHS, BHS und den berufsbildenden Mittleren Schulen werde es schon dauern, schätzt Unterrichtsministerin Schmied.
Mittagsjournal, 18.02.2011
Das Sitzenbleiben könnte also schrittweise bald abgeschafft werden. Schon jetzt wird dieses Modell in einigen Schulen als Schulversuch erprobt.
Modulsystem als Schulversuch
Nach dem Plan Schmieds soll schrittweise ab 2012 das Sitzenbleiben ersetzt werden durch gezielte zusätzliche Lerneinheiten in den Schwächefächern. Dazu aber braucht es den Wechsel vom starren Lehrplan mit Jahresabschluss-Leistungsfeststellung zum sogenannten Modulsystem, in dem das Lernziel in verschiedenen autonom zu erreichenden Schritten erreicht wird und das Jahreszielkorsett gesprengt wird. Der Schüler hat Zeit bis zur letzten Klasse, ein bestimmtes Modul nachzuholen. Dieses Modulsystem wird zum Beispiel im Bereich des kaufmännischen Schulsystems als Schulversuch eingesetzt.