Experte: "Gemeinschaft hat versagt"

Was tun gegen Diktaturen?

Libyens Staatschef Muammar Gaddafi geht brutal gegen die Demonstranten in seinem eigenen Land vor. Doch Gaddafi und sein Clan waren in Europa in diesem Jahrzehnt immer wieder mehr oder weniger gern gesehene Gäste. Ein Versagen der internationalen Gemeinschaft, sagt dazu Manfred Nowak, österreichischer Menschenrechtsexperte und bis 2010 UNO-Sonderberichterstatter für Folter.

Dass Libyens Staatschef Muammar Gaddafi ein Diktator ist, lässt sich mit vielen Beispielen aus seiner mehr als 40jährigen uneingeschränkten Herrschaft belegen. Gerade jetzt wird das wieder auf grausame Art sichtbar, lässt Gaddafi doch auf das eigene Volk schießen und scheut vor brutalem Blutvergießen nicht zurück, um an der Macht zu bleiben.

Morgenjournal, 23.02.2011

"Verlorenes Jahrzehnt"

Wirklich erfolgreich war das Vorgehen des demokratischen Westens gegen Diktaturen in diesem Jahrzehnt nicht, sagt der Menschenrechtsexperte Manfred Nowak, so gesehen sei dieses Jahrzehnt eher ein verlorenes. Im Gegensatz zu den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, da habe es ermutigende Fortschritte gegeben.

Doch im neuen Jahrtausend wurden wirtschaftliche Interessen meist über die eigentlich unteilbaren Menschenrechte gestellt, bedauert Nowak. Diese Diktatoren seien bis vor kurzer Zeit noch unterstützt worden, obwohl man wusste, dass dort schwerste Menschenrechtsverletzungen stattfinden. "Die USA und Europa haben diese Regimes gestützt."

"Verpflichtung der Gemeinschaft"

Nowak verweist darauf, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, gegen Diktatoren vorzugehen. Sanktionen zum Beispiel, die sich aber zu oft umgehen lassen. Internationale Ächtung, vor allem in jenen Organisationen, die für einen guten Ruf sorgen können: etwa die UNO, oder der UNO-Menschenrechtsrat. "Wenn eine Regierung gegen das eigene Volk vorgeht, dann hat die internationale Gemeinschaft sogar eine Verpflichtung dagegen einzuschreiten."

"Vorbeugen statt zusehen"

Es gehe nicht darum, vor Ort einzugreifen, sondern auf der internationalen Ebene eben Regimes zu unterscheiden, sagt Nowak: "Wenn Regimes klare Diktaturen sind, dann sollten sie nicht hofiert werden." Also vorbeugen statt zusehen und dann das Nachsehen zu haben.

Wirtschaftliche Interessen

Dem stehen aber wirtschaftliche Interessen gegenüber zum Beispiel libysches Öl und da sehen viele Staaten bei den Menschenrechten gerne einmal weg. Diese Ent-Solidarisierung des Westens sieht Nowak besonders kritisch: "Die Menschenrechte sind zwar auf dem Papier niedergeschrieben, aber in Wirklichkeit stehen ökonomische und politische Interessen im Vordergrund."

Die beste Methode, die Nowak gegen unumschränkte Herrscher sieht: Diktaturen selbst dann nicht aus wirtschaftlichen Gründen hofieren, wenn sie sich international zahm geben.