Unruhen lassen Ölpreis steigen

EU um Energiemarkt besorgt

Die EU berät derzeit weiter über Sanktionen gegen Libyen. In Brüssel tagen die Energieminister; sie suchen nach europäischen Strategien, um die Auswirkungen der Revolutionsbewegungen in Nordafrika auf dem Energiemarkt abzufedern. Denn ein massiv steigender Ölpreis würde das Wirtschaftswachstum in Europa kappen.

Mittagsjournal, 28.02.2011

EU: Keine Panik

Kein Grund zur Panik - auf diese Linie haben sich die europäischen Energieminister schon vor ihrem Treffen geeinigt. Zwar sei der Ölpreis aufgrund der Unruhen in Libyen zwischenzeitlich gestiegen, doch es gebe noch andere Ursachen, versucht etwa der deutsche Energiestaatssekretär Jochen Homann zu beruhigen: auch die Weltkonjunktur hat angezogen und der Dollar-Eurokurs spielt ebenfalls mit.

Auch der Energieminister des EU-Ratsvorsitzlandes Ungarn lässt sich auf keine Spekulationen ein. Tamas Fellegi: "Europa ist eine riesige Wirtschaftsmacht und wir haben alles was nötig ist, um die Energieversorgung für unsere Wirtschaft sicherzustellen.

Mitterlehner: Nur wenig Öl aus Libyen

Auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) beruhigt - derzeit sehe er keine Anzeichen für eine Ölkrise. Zumindest nicht aufgrund der Revolution in Libyen: das libysche Öl hat einen Anteil von einem Prozent am Weltmarkt, das könne Saudi-Arabien leicht kompensieren. Schwierig werde es aber wenn die Unruhen auf Saudi-Arabien übergreifen.

Langfristig aber müsse sich Europa in seiner Energieversorgung neu orientieren. Um unabhängiger zu werden brauche es neue Energiequellen, auch das Energienetz müsse besser ausgebaut werden, fordert Mitterlehner. Das gehe zwar nicht von heute auf morgen, sei aber der richtige Weg.

Sanktionen kommen

Rascher hingegen könnte der Beschluss zu EU-Situation gegen Libyen fallen, so Mitterlehner. Die Energieminister könnten noch heute formell Sanktionen absegnen. Die Europäischen Strafmaßnahmen würden über die Sanktionen der UNO hinausgehen. Mitterlehner sagt, es gehe um drei Bereiche: die Definition des Vermögens und dessen Einfrieren, die Liste der Personen mit Einreiseverbot und die Waffenembargo-Fragen. Offen sei der Punkt der Luftraumsperren.


Vor allem die Luftraumsperre über Libyen würde die UN-Sanktionen übertreffen. Bisher hatten sich vor allem EU-Länder wie Italien gegen strenge Strafmaßnahmen der Europäischen Union gewehrt.

Leitl: Marschallplan

Was bedeutet jetzt der Umbruch in Libyen für die Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich? In Wien spricht sich Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl auch für Sanktionen, aber gegen weitere Beschränkungen aus, und er tritt für die Idee eines Marshallplans für Nordafrika ein.

Mittagsjournal, 28.02.2011

Gute Beziehungen mit Österreich

Nicht zuletzt dank der Ölexporte entwickelte sich Libyen in den vergangenen Jahren zum reichsten Land Afrikas. Auch die Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich haben sich gut entwickelt, mit Exporten in der Höhe von 150 Millionen Euro ist Libyen für Österreich der drittwichtigste Markt in Nordafrika, 25 Niederlassungen österreichischer Unternehmen gibt es. Am bekanntesten die OMV, etwa 20 Prozent ihrer Ölförderungen kommen aus Libyen. Stark vertreten auch der Baukonzern Strabag, allein in Tripolis werden fünf Baustellen betrieben. Engagiert im Straßen- und Wasserleitungsbau sowie Wohnbau, Auftragsvolumen zwischen 100 und 150 Millionen Euro im Jahr. Derzeit steht in Libyen alles still, nicht nur die Baustellen.

Sanktionen kein Kampfinstrument

Die USA und die UNO haben Sanktionen beschlossen, die der EU dürften heute folgen. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl sagt, es sei klar, dass man sich an die Sanktionen halte.

Aber Leitl spricht sich klar gegen Sanktionen als Kampfinstrument aus, denn der leidtragende sei die Wirtschaft.

Keine Einmischung von außen

Leitl ist gegen den Druck von außen und setzt statt dessen auf die Dynamik von innen, jede Einmischung von außen würde nur die bestehenden Regime stärken. Er will die Wirtschaft als Brückenbauer verstanden wissen. Menschen die miteinander Handel treiben und Geschäfte machen, die gemeinsame Unternehmen betreiben, die verstehen und akzeptieren einander, so Leitl. Leitl macht sich stark für die Idee eines Marshallplans für Nordafrika, er wird morgen mit dem luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean Claude Junker darüber sprechen. Dieser Marshallplan nämlich wäre eine große Chance zur Stabilität in der Region und für Europa eine neue Chance für die Beziehungen zu Nordafrika.

Denn die Beziehungen zu Afrika wurden in den vergangenen Jahren fälschlich vernachlässigt, so Leitl. Die Wirtschaftsbeziehungen zu Österreich, sowie alle bestehenden Verträge würden auch unter einer neuen Regierung in Libyen bestehen bleiben, ist Leitl überzeugt.