Ausmaß und Opferzahl weiter unklar

"Warten, bis die Sonne wieder aufgeht"

Der ORF-Korrespondent Martin Fritz schildert die Lage von Tokio aus und erlebt die immer noch heftigen Nachbeben am eigenen Leib. Er berichtet von den Ängsten der Menschen in der Katastrophenregion: Schwere Nachbeben, Probleme mit den Atomkraftwerken, hunderte Tote und Vermisste nach den Tsunami.

"Man macht sich große Sorgen"

ORF-Korrespondent Martin Fritz im Abendjournal-Gespräch am 11.03.2011 mit Christian Williwald

Rettungseinsatz verzögert sich

In den Katastrophengebieten ist es jetzt dunkel, überall ist der Strom ausgefallen. Die Helfer können nicht zum Einsatzort kommen, weil die Straßen teilweise unterbrochen sind. Die Bahnverbindungen sind unterbrochen. "Die Menschen in den Katastrophengebieten sind jetzt auf sich selbst angewiesen und müssen irgendwie durch die Nacht kommen. Sie warten, bis wieder die Sonne aufgeht", sagt ORF-Korrespondent Martin Fritz.

Die Zahl der Todesopfer läßt sich noch nicht abschätzen. Zuletzt sind aber am Strand der Millionenstadt Sendai bis zu 300 Leichen gefunden worden.

Immer noch starke Nachbeben

Ständig gibt es Nachbeben, die bis nach Tokio spürbar sind. Es wird befürchtet, dass in den nächsten Tagen, Wochen oder Monaten auch noch einmal ein schweres Nachbeben kommen wird. "Die Leute machen sich große Sorgen", so Fritz. Sie befürchten, dass sich die Spalte im Meeresboden vor Sendai Richtung Tokio verlängert hat. Dort sitzen immer noch hunderttausende Pendler fest, die an ihren Arbeitsplätzen übernachten müssen, weil die Eisenbahnen nicht mehr fahren. Die Hotels sind voll, ganz Japan ist mit den Auswirkungen dieser Katastrophe beschäftigt.

Angst vor dem Super-GAU

Eine ebenso große Belastung für die Menschen in der Region sind die Probleme mit den Atomkraftwerken. "Bei einem Kraftwerk soll es inzwischen keine Probleme mehr geben, der Brand in einem Turbinenhaus wurde gelöscht", sagt Martin Fritz. Aber ein zweites Kraftwerk in Fukushima mache noch Sorgen. Dort stehen sechs Reaktoren, die sich alle selbst abgeschaltet haben. Aber in einem dieser Reaktoren fällt das Kühlwasser im Reaktorbehälter, weil der Strom ausgefallen ist. Und wenn nicht genug Wasser im Behälter ist, erhitzen sich die Brennelemente. Dann drohe laut dem ORF-Korrespondenten eine Kernschmelze, also ein Super-GAU. Nach Angaben der Regierung bemühe sich die Besatzung des Kernkraftwerkes jedoch, das Notstromaggregat zu starten und wieder frisches Wasser in den Reaktor-Behälter zu pumpen. Damit es dort nicht auch noch zu einer Katastrophe kommt.