Als Delegationsleiter im Amt
Karas: "Vertrauen wieder gewinnen"
Nach dem Rücktritt von Ernst Strasser nach der Lobbyisten-Affäre ist seit Dienstag wieder Othmar Karas Delegationsleiter der insgesamt sechs ÖVP-Abgeordneten im Europäischen Parlament. Karas nennt im Ö1-Interview die Wiederherstellung des Vertrauens als vordringlichstes Ziel.
8. April 2017, 21:58
"Ich habe Strasser geglaubt"
Der neubestellte ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, im Ö1 Morgenjournal-Interview am 06.04.2011 mit Raimund LÖw
Trennlinie zur Bestechlichkeit
"Wir müssen das Vertrauen in die Politik und in die EU wieder zurückgewinnen", sagt Karas im Ö1 Morgenjournal-Interview. Er habe Strasser geglaubt, als dieser ihm versicherte, seine Tätigkeiten hätten mit dem Mandat nichts zu tun und er trenne das genau. Andererseits sei Lobbying ja kein Verbrechen, sondern ein Beruf, so Karas. Es müsse aber eine klare Trennlinie zwischen Bestechlichkeit und Beruf gezogen werden. Karas stellt aber für die ÖVP-Delegation klar: "Entgeltliche Lobbying-Tätigkeit ist mit der Ausübung des Mandates unvereinbar."
"Moralisches und politisches Versagen"
Dass er der Zeitung "Sunday Times" dankbar für die Aufdeckung ist, sagt Karas aber nicht: "Es ist in der Sache nichts bewiesen. Das werden die Gerichte klären. Es gibt ein moralisches und politisches Versagen, nicht eine Verurteilung, die zum Rücktritt geführt hat."
"Ich halte mich an die Fakten"
Das Nachrücken des Ex-Abgeordneten und Ex-Lobbyisten Hubert Pirker auf das Strasser-Mandat verteidigt Karas: "Ich halte mich an die Fakten." Pirker habe sich nach dem überraschenden Verlust seines Mandats eine neue berufliche Herausforderung gesetzt. Und noch vor der Annahme des Mandats habe er diese berufliche Tätigkeit wieder beendet. "Mehr kann einer nicht tun." Angesprochen darauf, dass Pirker die Brüsseler Adresse von Karas zum Schein angegeben hat, sagt Karas: "Heute würde ich das nicht mehr tun." Er habe Pirker bei der Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit unterstützt, die Adresse habe "zur Abgabe der Telefonrechnung" gedient.
Keine Genugtuung
Karas ist seit 1999 im Europäischen Parlament, seit 2004 auch Vizepräsident der Fraktion der Europäischen Volkspartei, EVP. Nach der Europa-Wahl 2009 war Karas trotz mehr als 100.000 Vorzugsstimmen von der Parteispitze Ernst Strasser vor die Nase gesetzt worden. Genugtuung dafür, dass ihn die ÖVP jetzt so dringend braucht, empfindet Karas nicht: "Ich habe keine Schadenfreude. Ich weiß, dass das eine sehr ernste Zeit ist. Es geht jetzt nicht um Sieg oder Niederlage. Sondern ich nehme meine Verantwortung wahr, auch gegenüber den 112.954 Vorzugsstimmen."
Porträt von Othmar Karas
Morgenjournal, 06.04.2011