Reformen nur Lippenbekenntnisse

Syrien: Assad spielt auf Zeit

Der Aufstand im arabischen Raum hat viele Staaten erfasst - darunter auch Syrien, wo es seit Wochen blutige Unruhen gibt. Die Sicherheitskräfte von Präsident Bashar al-Assad versuchen mit aller Macht, die regierungskritischen Proteste zu unterdrücken. Assad verspricht zwar Reformen, das Vertrauen in seine Ankündigungen ist aber gering.

Mittagsjournal, 13.04.2011

Astrid Lexer-Petermann

Haft im Kampf für Menschenrechte

Bis vor kurzem war er noch im Gefängnis, insgesamt hat er 8,5 Jahre in Syrien hinter Gittern verbracht, aber er denkt nicht daran, sein Land zu verlassen: der 80-jährige Menschenrechtsanwalt Haitham al-Maleh erzählt von bürgerkriegsähnlichen Zuständen in seiner Heimat: "Viele Menschen wurden getötet oder mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Aber der Geheimdienst hat Krankenwagen gestoppt, die in die Dörfer fahren wollten, um Verletzte abzutransportieren".

Mit Gewalt an der Macht bleiben

Der Geheimdienst würde unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung auf friedliche Demonstranten schießen, so al-Maleh. Den Reformankündigungen von Präsident al-Assad schenkt der Menschenrechtsaktivist keinen Glauben. Alles würde darauf hindeuten, dass sich Assad und seine Anhänger mit aller Gewalt an ihre Macht klammerten. Kritik übt der Menschenrechtsanwalt auch an der Rolle der Internationalen Gemeinschaft: "Sie können Druck auf dieses faschistische Regime ausüben. Es gibt Menschenrechtserklärungen gegen alles, aber niemand sagt etwas zu den Vorgängen in Syrien".

"Assad ist Diktator"

Auch Radwan Ziadeh, ein syrischer Oppositioneller im amerikanischen Exil, appelliert an die Internationale Gemeinschaft, in Syrien einzugreifen. Assad dürfe man nicht mit einem Reformer verwechseln, er sei ein Diktator, so Ziadeh: "Reformen auf Syrisch: das heisst, Menschen mit Elektroschocks zu foltern und ihnen auf die Hände und Köpfe zu schlagen.Das ist eine schreckliche Situation. Es ist Zeit für die Internationale Gemeinschaft, einzugreifen".

"Verletzte in Spitälern getötet"

Ziadeh hofft, dass kein Staat die Massaker der syrischen Regierung noch länger tolerieren werde. Er berichtet wie al-Maleh von fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen: "Human Rights Watch hat gestern erwähnt, dass Einsatzkräfte daran gehindert wurden, Verletzte zu versorgen. Sicherheitskräfte sind sogar in Krankenhäuser eingedrungen, um Verletzte zu verhaften oder zu töten".

Journalisten massiv behindert

Bedenklich und bezeichnend für ein Regime wie das Syrische ist auch, dass die Informationsfreiheit radikal eingeschränkt wird. Das Internet wird blockliert, Journalisten werden ausgewiesen und daran gehindert, ihre Arbeit zu tun. Damit will man versuchen zu verhindern, dass die Welt erfährt, was tatsächlich vor sich geht, beklagen der Menschenrechtsanwalt und der Oppositionelle einmütig.