Experten zu Integrationsstaatssekretär abwartend
"Auf die Person kommt es an"
Integrationsexperten sind zwar uneins, ob das neue Staatssekretariat für Integration im Innenministerium an der richtigen Stelle untergebracht ist. Wichtiger ist für sie jedenfalls, was der Staatssekretär aus seinem Amt macht. Dem Amtsinhaber Sebastian Kurz stehen sie zumindest abwartend gegenüber.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.04.2011
Koordinierende Stelle, neue Konzepte
Der neue Integrationsstaatssekretär müsste ein Vermittler und Brückenbauer sein, sagt Integrationsexperte Hikmet Kayahan. Er müsste die vielfältigen Maßnahmen in den Ministerien, aber auch in den Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenführen. Daraus müsste eine solche koordinierende Stelle neue Konzepte auf den Weg bringen, so Kayahan.
Welche Themen als erstes?
Der Bereich Bildung sollte oben auf der Liste stehen, so Heinz Fassmann von der Akademie der Wissenschaften. So müsste geklärt werden, ob das eine verpflichtende Kindergartenjahr ausreicht oder man das auf zwei Jahre erweitern müsste. Außerdem müsste etwas getan werden für Schüler, die ihre Schulpflicht ohne Abschlusszeugnis beenden. Und im Bereich Wohnen müssten Konflikte schon im Entstehen verhindert werden.
Schublade Innenministerium
Das Integrationsstaatssekretariat ist im Innenministerium angesiedelt - für Hikmet Kayahan das "falscheste Signal": Dort gehe es um Sicherheit, "und das Thema Integration mit Sicherheit so sehr zu verknüpfen wie es bisher war, halte ich für fatal. Damit wird es automatisch in eine bestimmte Schublade geschoben." In den Bereichen Soziales oder Bildung oder im Bundeskanzleramt wäre dieses Staatssekretariat besser aufgehoben gewesen, findet Kayahan.
Kurz eine Chance geben
Die Kritik an der Person Sebastian Kurz kann er zwar nachvollziehen, würde sie aber eher gegen die ÖVP und die Bundesregierung richten: "Jemanden zu bestellen, der relativ null Ahnung von der Thematik hat. Die Qualifikation "jung" und "aus einem Ballungsraum kommend" kann ja nicht ausreichen. Da gibt es zehntausend andere, die diese Kriterien auch erfüllen würden." Sebastian Kurz müsse aber eine Chance bekommen, so Kayhahan. In diesem Punkt stimmt ihm Heinz Fassmann von der Akademie der Wissenschaften zu. Es komme darauf an, "ob der Amtsinhaber lernfähig ist, auf andere zugehen kann und in kurzer Zeit versteht, welche ideologischen Fallen es in all diesen Bereichen gibt".
Vertrauen erwecken
Dass das Staatssekretariat im Innenministerium angesiedelt ist, findet Fassmann - im Gegensatz zu Kayahan - nicht so schlimm. Das sei eine überschätzte Frage. Es komme vielmehr darauf an, was Personen in diesem Bereich wirklich tun." Der Staatssekretär müsse Vertrauen erwecken und zeigen, dass er nicht nur ein "Law-and-Order-Politiker" ist, sondern sich um Interessensabwägung bemühe und darum, die betroffenen Menschen an einen Tisch zu bekommen.
Sisyphus-Arbeit Integration
Und der neue Integrationsstaatssekretär braucht wohl auch Geduld, denn Integrationspolitik sei eine Politik der kleinen Schritte, so Heinz Fassmann: "Das ist die Sisyphus-Arbeit der Integrationspolitik."
Service
Hikmet Kayahan (Homepage)
Heinz Fassmann (Seite der ÖAW)
Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW)