Kritik am Krisenmanagement
Kompetenz-Wirrwarr um EHEC
Erst war es die Gurke, dann waren es Keimsprossen, jetzt tappt man wider im Dunkeln. Und die Bauern rufen nach Entschädigung. Kein Wunder, dass die Kritik am EHEC-Krisenmanagement in Deutschland immer lauter wird. Als Ursache gilt ein Kompetenzchaos, das Ergebnis ist Verunsicherung der Konsumenten.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 07.06.2011
Offensiv und unübersichtlich
Jeder will der erste sein, und keiner will schuld sein, wenn sich herausstellt, dass man zu spät die Bevölkerung vor der Quelle des EHEC-Erregers gewarnt hat. Deshalb geht man hier in Deutschland mit der Informationspolitik sehr offensiv um - für viele zu offensiv und zu unübersichtlich. Denn Viele reden, sagen viel Verschiedenes, obwohl es nur um das eine geht, nämlich den EHEC-Erreger zu finden. Zwei der Hauptplayer das Robert-Koch-Institut und das Bundesinstitut für Risikobewertung betonen viel miteinander zu sprechen. Zumindest sagen das Andreas Hensel, Chef des Bundesinstituts für Risikobewertung, und Reinhard Burger, Chef des Robert-Koch-Instituts.
Ministerien und Länder
Sehen wir uns die Kompetenzverteilung genauer an: Da ist einmal das Robert-Koch Institut, das für die Erkrankungen bei Menschen zuständig ist. Dieses Institut ist dem Gesundheitsministerium von Daniel Bahr unterstellt. Daneben gibt es eben das Bundesinstitut für Risikobewertung, das Proben von Lebensmittel untersucht und dem Verbraucherschutzministerium von Ilse Aigner unterstellt ist. Aigner und Bahr reden auch viel miteinander, manchmal widersprüchlich, wie einige meinen. Und jetzt wird es noch komplizierter: Deutschland hat bekanntlich Bundesländer, und die sind selbst auch für Gesundheitsfragen zuständig und reden auch viel mit. Reinhard Burger, Chef des Robert-Koch-Instituts, würde sich weniger Kompliziertheit wünschen, "aber das föderale System ist in Deutschland eine heilige Kuh".
Keine Zusammenarbeit mit Spitälern
Unterschiedliche Aussagen wegen des Kompetenz-Wirrwarrs haben nicht nur Auswirkungen auf Konsumenten - was soll man nun essen und was nicht -, sondern auch auf Krankenhäuser, kritisiert Ulrich Frei, Chef einer der größten europäischen Universitätskliniken, der Charité in Berlin: Das Robert-Koch-Institut könne beraten und Daten sammeln, habe aber keine Durchgriffsmöglichkeiten. Vor allem sind für ihn auch die Fragebögen für die Patienten, die an EHEC erkrankt sind unübersichtlich und einseitig. Nur bestimmte Gemüsesorten würden da etwa abgefragt, und überhaupt würden die Fragen nicht in Abstimmung mit den Ärzten erstellt, kritisiert Frei. Mit den Krankenhäusern werde nicht zusammengearbeitet.
"Es gibt keine Kompetenzstreitigkeiten"
Kein Problem bei all dem sehen natürlich die Minister: Sowohl Bahr als auch Aigner betonen die gute Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Kompetenzen. "Es gibt keine Kompetenzstreitigkeiten", so Aigner. Das sei "billiges Oppositionsgeplänkel", das den Betroffenen nichts helfe. Und so geht die Suche nach der EHEC-Quelle weiter. Es wird weiter viel geredet sowie viel gewarnt werden, weil jeder will der erste und niemand schuld sein.