Norwegen nach den Attentaten

Galtung zu Oslo: "Das Land wird sich verändern"

Auf Attentate wie in Norwegen folgt normalerweise der Ruf nach strengeren Sicherheitsbestimmungen. Nicht so in Norwegen. Regierungschef Jens Stoltenberg. Seine Antwort ist: mehr Demokratie, mehr Offenheit - und dahinter steht auch das ganze Land. Trotzdem: Der norwegische Friedenforscher Johan Galtung ist überzeugt, dass die Anschläge Norwegen verändern werden.

Mittagsjournal, 25.07.2011

"Mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit"

"Unsere Antwort muss sein - mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Menschlichkeit": Das hat Norwegens sozialdemokratischer Premier Jens Stoltenberg in einer ersten Reaktion auf die blutigen Anschläge vom vergangenen Freitag gesagt. Eine Aussage, die er in den letzten Tagen immer wieder und bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholt hat.

Offen und aufgeschlossen

Premier Stoltenberg hat damit sicherlich dem Wunsch vieler Norweger Ausdruck verliehen, sagt der norwegische Friedensforscher Johan Galtung. Es gebe in seinem Land eine tiefe Tradition von Demokratiebegeisterung. Die Norweger sehen sich und wollen sich immer als offen und aufgeschlossen sehen. Es sei ein homogenes Land, in dem die Klassenunterschiede nicht so groß seien.

Aber es ist nicht alles so rosig an der norwegischen Demokratie. Es gibt starke Hierarchien und viele Themen werden aus der norwegischen Öffentlichkeit ausgeblendet. Etwa über Außenpolitik, die finde hinter verschlossenen Türen statt.

Gesetze werden verschärft

Er hoffe, dass Stoltenberg mit dem Begriff "mehr Offenheit" mehr offene Debatte meint, und zwar Debatte über und mit den radikalen Kräften, die es auch in der Norwegischen Gesellschaft gibt, betont Johan Galtung. Der Täter sei von der Sicherheitspolizei nicht ausgeforscht worden. diese Polizei müsse jetzt auch mehr auf die Rechtsextreme Seite schauen.

Es wird ganz sicherlich verschärfte Gesetze geben. Schon jetzt wird unter den Politikern über strengere Kontrollen beim Verkauf von Kunstdünger beraten. Der Tatverdächtiger Anders Breivik konnte in den letzten Monaten unbemerkt 6 Tonnen Kunstdünger, der zum Bombenbau geeignet ist, kaufen. Außerdem werde sicherlich auch über ein strengeres Waffengesetzt verhandelt. In Norwegen kommen die Menschen zu leicht an Waffen heran, sagt Galtung.

Nicht mehr dasselbe Land

Aber wie gesagt, strengere Kontrollen in diesem Bereich und mehr offene Debatten, mehr Demokratie schließen einander nicht aus, so der Norwegische Friedensforscher.

Aber eines sei klar, Norwegen wird nach diesen schrecklichen Anschlägen nicht mehr dasselbe Land sein. Man werde mehr Verdacht gegenüber anderen Menschen haben. Und der Mythos vom glänzenden Musterland sei damit beendet.