Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen

Neue Vorwürfe gegen Jugendwohlfahrt

In Tirol kämpfen ehemalige Heimkinder nach Misshandlungsvorwürfen um Entschädigung und Geld für Therapie vom Land. Dort argumentiert man aber, nicht zuständig zu sein. Die Vorwürfe gehen noch weiter: die Jugendwohlfahrt habe sich nie um die Kinder gekümmert und ihre Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen, so sei Misshandlung erst möglich gewesen.

Mittagsjournal, 11.08.2011

Trotz Hilferufen nichts unternommen

Wenn ehemalige Heimkinder über ihre Vergangenheit erzählen, hört man ähnliche Geschichten. Kinder wurden misshandelt und missbraucht, und niemand hat hingeschaut. Als er noch bei seiner Mutter gelebt hat, haben er und seine Schwester viele Male beim Jugendamt geradezu gebettelt, etwas zu unternehmen, sagt der heute 36jährige Christian Deflorian. Trotz mehrerer Anzeigen sei nichts unternommen worden.

Auch danach, in drei verschiedenen Kinderheimen, habe es nie jemanden gegeben, der auf Kontrollbesuch gekommen wäre. Die Aufsichtspflicht sei damit nicht wahrgenommen worden.

Einstimmige Berichte

Dasselbe berichtet Klaus Knapp. Er war 17 Jahre lang im Heim. Seine Betreuerin vom Jugendamt hat er einmal gesehen, sagt er - mit 12.

Die Psychologin Ulrike Paul arbeitet mit ehemaligen Heimkindern und führt auch sogenannte Clearing-Gespräche mit Betroffenen für die Klasnic-Kommission. Und alle berichten, so Paul, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt sich nicht um sie gekümmert hätten.

Tirol gibt sich distanziert

Das Land Tirol, das für die Jugendwohlfahrt zuständig ist, schreibt dazu in einer Stellungnahme: wie dicht die Kontakte zwischen den Fürsorgerinnen und Jugendlichen damals tatsächlich waren, kann derzeit nicht mehr beurteilt werden. Es ist allerdings den Opfern zu glauben, wenn sie davon sprechen, dass es keine oder nur sehr wenige Kontakte gegeben hat. Heute gebe es externe Beschwerdemöglichkeiten, und darüber seien die Kinder und Jugendlichen auch informiert.

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