Schwere Vorwürfe nach Misshandlungen

Tirol: Keine Entschädigung für Heimkinder

Das Land Tirol sieht sich mit schweren Vorwürfen ehemaliger Heimkinder konfrontiert, die angeben, in einer privat geführten Einrichtung misshandelt und missbraucht worden zu sein. Für sie soll es vom Land weder Entschädigungszahlungen noch Therapien geben, obwohl das Heim vom Land finanziert und die Kinder und Jugendlichen von der Jugendwohlfahrt dort untergebracht wurden.

Morgenjournal, 11.08.2011

Behörden weisen Opfer ab

Christian Deflorian hatte, wie er sagt, eine horrormäßige Kindheit. Täglich habe er Schläge von der Mutter bekommen, danach sei er jahrelang in mehreren Tiroler Heimen misshandelt, in einem Heim auch vom damaligen Leiter missbraucht worden. Vergangenes Jahr wendet er sich an die zuständigen Stellen. Er wollte wissen, wie es um Therapiekosten oder Schmerzensgeld stehe. Die Antwort: man wisse noch nichts.

Heim: nicht zuständig

Das Land Tirol argumentiert in einer schriftlichen Stellungnahme, die Ö1 übermittelt wird damit, dass das Heim privat geführt wurde und sich die Betroffenen an den damaligen Heimleiter wenden sollen. Der hat das Heim Mitte der 90erJahre verlassen, die Ermittlungen gegen ihn wurden aber eingestellt, jetzt gibt es neue Vorwürfe, es wird wieder ermittelt. Seine Nachfolgerin fühlt sich jedenfalls nicht zuständig, sagt Christian Deflorian. Sie streite die Vorwürfe auch ab.

Die jetzige Heimleiterin sagt, sie sei weder rechtlich noch moralisch verpflichtet, zu zahlen. Und das Land Tirol will erst die Gerichtsentscheidung gegen den ehemaligen Heimleiter abwarten, bevor es weitere Schritte überlegt. Außerdem, heißt es, haben sich andere private Einrichtungen mit den Opfern geeinigt.

Betroffene enttäuscht

Für die Betroffenen ist das alles sehr enttäuschend, sagt die Psychologin Ulrike Paul, die viele ehemalige Heimkinder betreut. Die Forderungen bestünden zu Recht, weil die Jugendwohlfahrt involviert war.

Hotline eingestellt

Kritik gibt es auch daran, dass die Hotline der Opferschutzstelle, die bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft angesiedelt war, Ende Juli abgeschaltet wurde. Denn die Erfahrung zeigt, so Ulrike Paul, dass Opfer oft viele Jahre brauchen, um über das Erlebte zu sprechen.

Beim Land Tirol argumentiert man, wer sich jetzt noch melden möchte, kann das im Büro des zuständigen Landesrats tun.

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